Bei der einst mit Superlativen gestarteten Zürcher Innovationsschmiede Trust Square kommt es zu einem erneuten Chefwechsel. Der Hub sucht nun die Nähe zu Konzernen, sagt der neue Geschäftsführer Marc Hauser zu finews.ch.

Trust Square sei so etwas wie ein Rohdiamant, sagt Marc Hauser (Bild unten). Der einstige UBS-Banker, welcher der Schweizer Börse SIX den Inkubator F10 mit abkaufte und als Managing Director half, diesen als Tenity neu zu positionieren, übernimmt ab dem 1. Juni die Leitung der bekannten Zürcher Innovationsschmiede, wie diese am Dienstag mitteilte.

Daniel Gasteiger, der Mitgründer des unter viel Aufsehen gestarteten Hubs im Herzen des Zürcher Bankenviertels, übernimmt neu den Vorsitz des Advisory Boards, wie weiter zu erfahren war. Die neue Führung unternimmt es nun, nach mehreren Chefwechseln und einer Repositionierung im Jahr 2023, diesem Diamanten einen neuen Schliff zu geben.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme lösen

Der Vorstoss zielt gleich in mehrere Richtungen. Zum Einen positioniert sich Trust Square neu nicht mehr als Blockchain-Hub, sondern breiter gefasst als Förderer von Deeptech-Geschäftsmodellen – das umfasst aufstrebende Technologien wie Blockchain, KI, Robotik, IoT, VR und Quantencomputing, wie Hauser aufzählt. Er sagt aber, der Hub wolle wegkommen von Labels, da diese erwiesenermassen einem Hype-Zyklus unterliegen würden.

«Heute brüstet sich jedes Startup mit KI, aber in fünf Jahren wird die Technologie weit verbreitet sein und kaum mehr Aufsehen erregen», erklärt er die Überlegungen.

Anstatt einzelne Technologien zu anzupreisen, will Hauser die Jungfirmen am Trust Square nun dabei unterstützen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme zu lösen. «Diese können in den Bereichen Finance und Payment, aber auch etwa bei Healthcare liegen», sagt der erfahrene Startup-Förderer. Wichtig seien die Anwendungsfelder in der Praxis.

(Bild: Trust Square)

Traditionell beste Beziehungen

Das führt direkt zur zweiten Stossrichtung: Der Innvoations-Hub sucht den Kontakt zu Grosskonzernen mit bereits bestehendem Kundenkreis, um gemeinsam mit diesen die von Jungfirmen entwickelten Lösungen möglichst rasch zur Massentauglichkeit zu führen.

«Die ersten Gespräche sind vielversprechend», sagt Hauser. Das zeige, dass man damit auf dem richtigen Weg sei. Traditionell verfügt Trust Square über beste Beziehungen zum Schweizer Finanzsektor. Der Rückversicherer Swiss Re etwa hatte dort zeitweilig ein ganzes Innovations-Team stationiert.

Drittens will Hauser, der bei Tenity mit der Übernahme des in London und Istanbul angesiedelten Startup-Akzelerators Hackquarters bereits die Internationalisierung vorantrieb, neue Trust-Square-Standorte im Ausland eröffnen.

Nächster Stop Saudi-Arabien

Im Fokus ist dabei zunächst der Nahe Osten, wie er nun preisgibt. «Wir arbeiten an einem Projekt in Saudi-Arabien.» Dazu passt die neue strategische Partnerschaft mit The Hashgraph Association (THA), die im Ausland bereits präsent ist und rund um die Hedera-Blockchain ein Business-Netzwerk aufgebaut hat.

Das Event- und Coworking-Angebot, das in den vergangenen Jahren wichtig gewesen ist für Trust Square, wird dabei weitergeführt.

Der Fokus liegt aber auf kleineren, möglichst hochkarätig besetzten und relevanten Anlässen wie etwa die Digital Identity Conference am 18. Juni. «Es geht darum, die richtigen Partner an den Tisch zu bringen», sagt der designierte CEO dazu. Mit derselben Taktik versucht Trust Square auch, die eigene Räumlichkeiten anzubieten: Nachdem sich wegen der Corona-Pandemie und der Verbreitung des Homeoffice die Anforderungen an Office-Spaces verändert haben, fokussiert der Hub auf Angebote für kollaboratives Arbeiten.

Neu eröffnet im Brannhof

Insgesamt, so Hauser, setze Trust Square zurzeit eher auf Qualität als auf Grösse. Im Vergleich zu den Zeiten nach der Gründung im Jahr 2018, als dort selbstbewusst das Bitcoin-Signet auf die benachbarte Nationalbank projizierte wurde und Prominenz wie der damalige Finanzminister Ueli Maurer, die einstige FDP-Frauen-Präsidentin Doris Fiala oder der frühere Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz im selbsternannt weltgrössten Blockchain-Hub ein und aus gingen, tritt Trust Square heute ruhiger und «erwachsener» auf, wie die heutigen Macher urteilen.

Der Hub logiert auch nicht mehr an der Bahnhofstrasse 3, sondern weiter unten an der Zürcher Nobelmeile, wo nun 1’000 Quardratmeter in dem frisch sanierten Brannhof bezogen wurden. Die Dépendance am Rennweg besteht weiterhin, der Umzug in den Innovationspark in Dübendorf wurde jedoch aufgegeben. Ebenfalls geplant sind Event-Räume an der Bärengasse 16, in einem Gebäude, in dem auch Private Banker der UBS zuhause sind.

Kleinere «Community»

Kleiner ist derzeit auch die «Community», die im Hub ein und aus geht. Laut der Webseite von Trust Square zählen dazu 33 Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitenden. 2019 waren es noch 40 Unternehmen und rund 250 Mitarbeitende.

«Das Interesse schwankte naturgemäss mit der wechselnden Aufmerksamkeit für Blockchain-Themen», sagt Hauser. Nach den Pandemie-Jahren nimmt der Zürcher Hub nun aber erneut Anlauf, um die Welt zu erobern.