Vor rund 15 Jahren begannen chinesische Käufer, Hunderte von Bordeaux-Weingütern zu erwerben. Heute werden viele davon mit erheblichen Preisabschlägen wieder auf den Markt geworfen. Was steckt hinter diesem dramatischen Umschwung?

Das Weinbaugebiet Bordeaux, weltberühmt für seine edlen und teilweise sehr teuren Tropfen, erlebt eine überraschende Entwicklung: einen Ausverkauf von Weingütern seitens chinesischer Investoren.

Wie ein kürzlich von der Luxus-Plattform LUXUO publizierter Bericht (in englischer Sprache) darlegt, werden viele Anwesen jetzt für einen Bruchteil der ursprünglichen Kaufpreise angeboten – ein scharfer Kontrast zur Goldgräberstimmung vor fünfzehn Jahren.

Vom Statussymbol zum Problemfall

Die Kaufwelle begann in den späten 2000er-Jahren, als wohlhabende chinesische Käufer von der boomenden Nachfrage nach Bordeaux-Wein auf ihrem Heimatmarkt profitieren wollten. Über 200 Weingüter im Bordelais wurden von Chinesen übernommen, die Namen ihrer Erzeugnisse häufig kulturell angepasst auf Begriffe wie «Golden Rabbit«. Motiviert von Chinas wachsender Vorliebe für Rotwein hofften die Investoren auf finanzielle Renditen und gesellschaftliches Prestige.

Diese Begeisterung ist jedoch stark abgeflaut. Die 2013 von Chinas Präsident Xi Jinping eingeführten Sparmassnahmen dämpften die Zahlungsbereitschaft für Luxusbgüter, und später verhängte Kapitalverkehrskontrollen schränkten Auslandsinvestitionen zusätzlich ein. Pekings strengere Vorschriften führten dazu, dass viele chinesisch geführte Weingüter in Schwierigkeiten gerieten.

Sinkende Preise und verlassene Anwesen

Gleichzeitig ist der Weinkonsum in China stetig zurückgegangen und sank allein 2023 um 25 Prozent, wie die «International Organization of Vine and Wine« berichtet.

Viele dieser Anwesen gelangen nun wieder auf den Markt. Das Château Latour-Laguens, eines der ersten Bordeaux-Güter, das 2008 von chinesischen Investoren erworben wurde, steht beispielhaft für diesen Abschwung. Ursprünglich für zwei Millionen Euro gekauft, wird das Anwesen nun für nur 150'000 Euro angeboten – mit verlassenen Weinbergen und heruntergekommenen Gebäuden, wie LUXUO feststellt.

Französische Investoren übernehmen wieder

Auch andere Weingüter kämpfen mit ähnlichen Problemen. Arbeitskonflikte, kulturelle Differenzen und nicht auffindbare Eigentümer haben den Betrieb erschwert, was zu Lohnrückständen und Managementproblemen führte. Ein Vertreter einer lokalen Gewerkschaft merkt an, dass chinesische Eigentümer oft an einem Grundvertrauen in ihre französischen Angestellten fehlte, was die Schwierigkeiten zusätzlich verstärkte.

Inmitten dieser Szenerie übernehmen französische Käufer zunehmend wieder die Kontrolle über die Weingüter. Besonders hervorzuheben ist das Château Loudenne, das für den umfassenderen Versuch steht, das Erbe der Bordeaux-Weinkultur wiederherzustellen. Dennoch warnen Experten vor übermässig optimistischen Erwartungen an die zukünftige Stabilität des Marktes in Bordeaux.

Eine Lektion für beide Seiten

Jerome Baudouin, Chefredakteur der La Revue du Vin, bezeichnet dieses Kapitel als «Fata Morgana». Sowohl chinesische Käufer als auch Bordeaux-Produzenten hätten die Marktdynamik falsch eingeschätzt und ein anhaltendes Wachstum sowie hohe Renditen erwartet. Stattdessen habe sich die Geschichte als warnendes Beispiel für anhaltende kulturelle und wirtschaftliche Fehlentwicklungen entpuppt.

Der jetzt ausgebrochene Ausverkauf unterstreicht die Risiken spekulativer Investitionen in Luxusmärkte. Für Bordeaux bietet das Reputations- und Finanzchaos anderseits vielleicht doch die bittersüsse Chance zum Wiederanknüpfen auf das regionale Erbe.