Seit 1975 haben kleine Kapitalisierungen die Standardwerte jährlich um etwa 4 Prozent übertroffen. Dennoch sind sie in den meisten Portfolios untervertreten. Muss das sein?

Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Zum Teil erklärt sich dies durch eine Re-Allokation hin zu den Anleihemärkten über die letzten Jahre sowie durch eine gesteigerte Präferenz für sehr liquide Titel allgemein und für liquide Aktien im Besonderen. Aber auch einige Vorurteile liegen dieser Untergewichtung zu Grunde, die durchaus zu korrigieren wären.

In der Vergangenheit wurden Nebenwerte gedanklich oft mit einem grossem Beta verbunden, das heisst, dass sie als Anlagen betrachtet wurden, die stark mit dem Wirtschaftszyklus korrelieren. Seit einigen Jahren zeigt sich allerdings eine asymmetrischere Beziehung zwischen Small Caps und Wirtschaftszyklus.

Wie erklärt sich das Phänomen?

Immer, wenn zwischen den Jahren 2000 und 2013 der amerikanische Vertrauensindikator ISM über 50 stand, so zeigten die Small Caps eine Performance von 1,4 Prozent für jeden Punkt mehr des Gesamtaktienindexes. Bei einem ISM unterhalb von 50 war dies genau umgekehrt.

Wie ist es also zu erklären, dass Nebenwerte von Haussephasen überproportional profitieren und gleichzeitig in der Baisse weniger leiden?

Fundamentale Gründe

Dafür gibt es fundamentale Gründe in den Finanzmärkten: Zum einen haben die kleinen Unternehmen ihre internationale Diversifikation verbessert. Amerikanische Small Cap-Firmen exportieren heute 17 Prozent im Vergleich mit 11 Prozent vor 20 Jahren.

Ausserdem erbringen diese Firmen heute Leistungen mit grösserem Mehrwert, und der Anteil zum Beispiel von Basiskonsumprodukten ist stark gesunken. Somit profitieren sie stärker vom strukturellen Wachstum.

Flexibler und geschickter

Aber auch schlicht die geringe Grösse stellt sich als Vorteil heraus. Denn Small Caps positionieren sich flexibler und können geschickter von neuen Trends profitieren. Dies zeigt sich deutlich in ihrem Erfolg bei Innovationen.

So erlangten sie 2012 die Hälfte aller Medikamentenzulassungen. Dies macht sie zum beliebten Übernahmeziel für grosse Unternehmen mit hohen Liquiditätsvorräten.

Schwierig, zu investieren

Aber auch wenn die Fundamentaldaten durchaus positiv sind, so ist es doch recht schwierig, hier zu investieren. Dies ist alleine daran abzulesen, dass die Anzahl von Analysten pro Aktie im Bereich der kleinen Kapitalisierungen mit 7 viel geringer ist als für grosse (25).

Natürlich: Immerhin enthält der MSCI World Small Cap Index 4'000 Titel gegen «nur» 1'500 für den MSCI World. Zu guter Letzt sind die Unterschiede zwischen den Renditen der Small Caps untereinander viel grösser als bei Hauptwerten, was das spezifische Risiko besonders deutlich macht.

Fülle an Opportunitäten

Diese Elemente ergeben eine Fülle an Opportunitäten im Small Cap-Bereich für ein aktives Management. Auch der Moment im Zyklus ist der Richtige: Bisher ist der Haupttreiber der Aktienrally der Anstieg der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) nach der Krise gewesen. Aber vom aktuellen Punkt an darf man mit einer Adjustierung der Aktienkurse auf ihre fundamentalen Werte hin rechnen, wovon aktives Portfoliomanagement profitieren wird.

Insgesamt haben mehrere strukturelle Veränderungen die globale Attraktivität von Nebenwerten verbessert, und eine Investition erscheint heute sinnvoll.


Christina Bock 1Christina Böck bildete sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zur Diplom-Kauffrau aus, bevor sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte. Nach verschiedenen Praktika war sie ab 1994 bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers in Paris stiess sie im April 2001. Seit März 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, heute als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.