Im komplexen Konkursfall eines usbekischen Konglomerats fahren Investoren schweres Geschütz gegen EY Schweiz auf. Die Beratungsfirma steht damit erneut im Kreuzfeuer.

Die Schweizer Ländergesellschaft der Big-Four-Beratungsfirma EY hat ein zehnstelliges Problem: Der New Yorker Hedgefonds Lion Point Capital verklagt die Beratungsgesellschaft  auf nicht weniger als 1 Milliarde Dollar Schadenersatz. Die Klage wurde in Zug eingereicht; dies im Zusammenhang mit dem im Jahr 2010 in Konkurs gegangenen usbekischen Konglomerat Zeromax, das im steuergünstigen Kanton seinen Hauptsitz unterhielt.

Die Firma liess rund 5,6 Milliarden Franken an unbezahlten Schulden zurück, was den Bankrott laut der Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) zur zweitgrössten Schweizer Pleite macht, nach jener der Airline Swissair im Jahr 2001. Damit lässt das britische Blatt den Konkurs der Erb Gruppe 2003 unerwähnt – der reklamierte Schaden für die Gläubiger ist im Fall Zeromax tatsächlich grösser, auch wenn sich die Pleite zumeist ausserhalb der Schweiz abgespielt hat und hierzulande wenig in Erinnerung ist.

Gelernt beim Geierfonds

Die Klage hat den Fall aber nun definitiv ins Rampenlicht gerückt. EY amtete als Revisor von Zeromax. Die amerikanische Investorin wirft den Schweizer Prüfern vor, sie hätten undurchsichtige Schmuckkäufe und Geldtransfers ins Ausland durch gewinkt. In den Jahren 2005, 2006 und 2007 hatte EY die Bilanz der Zuger Holding jeweils abgesegnet. Neben den Forderungen der Amerikaner droht der Fall den bereits ramponierten Ruf der Beratungsfirma weiter zu beschädigen.

Bei der Finanzinvestorin Lion Point Capital handelt es sich um einen aktivistischen Hedgefonds. Die Crew besteht auch aus Ehemaligen des berüchtigten «Geierfonds» Elliott, der mit Prozessen gegen insolvente Firmen und sogar gegen Staaten von sich reden machte. 2019 hatte Lion Point eine Tranche von Schulden aus der Konkursmasse aufgekauft und unternimmt es nun, diesen Forderungen Gehör zu verschaffen.

Versagen bei Wirecard

Gegenüber der «Financial Times» erklärte EY Schweiz, dass man sich vehement gegen die Forderungen wehren werde. Auf Anfrage von finews.ch mochte die Beratungsfirma die Angelegenheit nicht weiter kommentieren.

Doch weitere Kratzer am Image sind wahrscheinlich: Auch in der Schweiz ist das Debakel um die Luftbuchungen beim deutschen Fintech Wirecard und dessen Pleite im Jahr 2020 sehr genau verfolgt worden. Laut Medienberichten hatten Führungskräfte von Wirecard die Prüfer von EY dabei jahrelang und regelrecht übertölpelt. Im Sommer 2020 haben Ex-Investoren des Startups in Deutschland Klage gegen die Revisoren eingereicht. Der im Fall eingesetzte Sonderermittler warf EY Anfang 2021 Versagen und Pflichtverletzungen vor und lieferte dabei weiteres Futter für Kläger.

Skandal und «Putschversuch»

Hierzulande sorgten im Jahr 2018 rund mutmassliche Übergriffe auf EY-Mitarbeiterinnen für wüste Schlagzeilen. Ein Mitarbeiter wurde im Zuge des Skandals freigestellt. Der damals amtierende Schweiz-Chef Marcel Stalder trat 2019 von seinem Amt zurück. Im vergangenen April berichtete dann die Schweizer «Handelszeitung» (Artikel bezahlpflichtig) über eine EY-interne Intrige und einen «Putschversuch», in dessen die Zuge die Übergriffe aufgebauscht worden seien. Der Zeitungsbericht zog weitere Turbulenzen nach sich.

Nun droht die Zeromax-Pleite EY Schweiz einzuholen. Auch hier ist die Gegenseite offensichtlich bereit, den Fall in allen Details in die Öffentlichkeit zu tragen.