«Denken in Generationen» konzentriert sich auf langfristige Perspektiven und eine nachhaltige Entscheidungsfindung. Entscheidungen sollten daher auch künftige Generationen berücksichtigen. Neben Ressourcen wollen auch Werte und Verantwortung über Generationen hinweg bewahrt werden. Für die Planung heisst das, die Wahl der richtigen Struktur sorgfältig zu treffen.
In Liechtenstein gibt es neben der Stiftung und dem Trust unter anderem die weitere Rechtsform der privatrechtlichen Anstalt, die für die Vermögensverwaltung und -strukturierung eingesetzt werden kann.
Die «liechtensteinische Anstalt» als mögliche Option
Wichtig zu beachten ist, dass anders als im österreichischen und schweizerischen Privatrecht die liechtensteinische Anstalt eine eigene Rechtsform ist.
Sie ist eine sehr flexible Rechtsform, die je nach Ausgestaltung für die Vermögensverwaltung, als Unternehmensstruktur und als Holdinggesellschaft genutzt werden kann. Je nach Ausgestaltung unterscheidet sich dementsprechend ihre Funktion und ihr rechtlicher Rahmen.
Mit oder ohne Gründerrechte
Die Anstalt kann körperschaftlich mit Gründerrechten oder stiftungsähnlich ohne Gründerrechte ausgestaltet werden. Gründerrechte sind grundsätzlich nicht teilbar. Der Inhaber der Gründerrechte als oberstes Organ hat im Wesentlichen die Rechte analog der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft. Er hat das Recht, Beistatuten zu erlassen, in denen er Regelungen zu Begünstigungen treffen kann. Er selbst muss nicht zu den Begünstigten gehören. Fehlen jedoch Begünstigtenregelungen, gilt der Gründerrechtsinhaber als Begünstigter. Gründerrechte können zediert werden.
Die konkrete Ausgestaltung der geeigneten Anstaltsform hängt von den spezifischen Zielen der Gründer sowie den geplanten Aktivitäten ab.
Der Zweck bestimmt die Ausgestaltung
Die vermögensverwaltende sowie die kommerzielle Anstalt sind körperschaftlich mit Mitgliedern und Gründerrechten strukturiert, wobei die Erstere hauptsächlich der Verwaltung von Vermögenswerten, Unternehmen oder privaten Interessen dient und daher insbesondere von Familien oder Einzelpersonen gewählt wird.
Steht eher der Betrieb von wirtschaftlichen Aktivitäten sowie die Gewinnerzielung im Vordergrund, kommt die kommerzielle Anstalt in Frage. Die Anstalt kann in dieser Form zum Führen von operativen Geschäften oder als Holdinggesellschaft, die Beteiligungen an anderen Unternehmen hält, eingesetzt werden.
Stiftungsähnliche Anstalt
Die Ausgestaltung als stiftungsähnliche Anstalt bietet sich für die Verfolgung philanthropische Aktivitäten oder Zwecke des Private Equity, aber genauso auch für die private Verwaltung von Vermögenswerten, gerade mit Blick auf Nachfolgeregelungen an.
Die stiftungsähnliche Anstalt kombiniert Elemente der Stiftung mit denen der Anstalt. Das Element der Stiftung liegt darin, dass Vermögen verwaltet werden kann, ohne dass ein bestimmter Träger oder Eigentümer im Vordergrund steht; die Verfolgung eines bestimmten Zwecks steht im Vordergrund. Wie bei der Stiftung erfolgt eine klare Trennung zwischen Vermögen und persönlichen Interessen der Gründer, da das Kapital in der Anstalt ist.
Die Verwaltung als einziges notwendiges Organ, hat sich an die grundsätzlich unabänderlichen Statuten zu halten und die Verfolgung des festgelegten Zwecks sicherzustellen. Die stiftungsähnliche Anstalt ist somit – wie auch die Stiftung – ein sehr geeignetes Instrument zur Vermögenssicherung und Erbfolgeregelung.
Pluspunkt Flexibilität
Das Besondere an der Rechtsform der Anstalt ist die grosse Flexibilität, die besonders auch durch die Möglichkeit unterstrichen wird, dass eine ursprünglich körperschaftlich strukturierte Anstalt zu einem zu bestimmenden Zeitpunkt in eine stiftungsähnliche Anstalt umgewandelt werden kann, zum Beispiel mit dem Tod des Gründers.
Die Flexibilität des Einsatzes der liechtensteinischen Anstalt zeigt sich zudem durch die Möglichkeit, eine Anstalt als Tochtergesellschaft unter einer Stiftung zu führen. Die Stiftung als Eigentümerin der Anstalt mit Gründerrechten kann durch diese Konstellation durch ihre Kontrolle die Vermögenswerte der Anstalt schützen und für die nachfolgenden Generationen langfristig erhalten. Wichtige Aspekte, wie die Beachtung der Governance und die konsequente Verfolgung des Stiftungszwecks, sind bei dieser Konstellation durch die rechtlichen Anforderungen sichergestellt.
Denken in Generationen
Durch die aufgezeigten verschiedenen Einsatzmöglichkeiten wird deutlich, dass «Denken in Generationen» und die Rechtsform der Anstalt, mit ihren vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten, durch die sehr flexibel auf die Bedürfnisse und Wünsche der beteiligten Personen eingegangen werden kann, gut vereinbar ist und die langfristige, generationenübergreifende Verwaltung und Sicherung von Vermögenswerten fördert.
Susan Schneider Köder ist seit Mai 2022 Geschäftsführerin der Liechtensteinischen Treuhandkammer. Zuvor war die Rechtsanwältin mit deutscher Zulassung und zugelassen in Liechtenstein (niedergelassene europäische Rechtsanwältin) als Leiterin Legal & Compliance und als Director General Counsel in verschiedenen Unternehmen der Privatwirtschaft tätig. Seit 2015 ist sie Dozentin an der Universität Liechtenstein.