Er wolle nicht von der Privatbank abhängig sein, erklärt Markus Signer von Pictet Asset Management, im Interview mit finews.ch. Darum setzt er auf andere Kunden, andere Absatzkanäle und auf Künstliche Intelligenz.
Herr Signer, ist eine Differenzierung im Asset-Management-Geschäft heute überhaupt noch möglich?
Es ist sicherlich schwierig geworden. Wir versuchen, uns mit mehreren Qualitäten zu profilieren. Dazu gehören die Performance, aber auch die Innovationsfähigkeit und die Möglichkeit, die Märkte langfristig betrachten zu können.
Können Sie das genauer erklären?
Mit den Partnern der Bank Pictet haben wir Eigentümer im Rücken, die sehr viel Geduld aufbringen können. Insofern müssen wir nicht auf Jahres- oder gar Monatsbasis bestimmte Ziele erreichen, wie das bei anderen Instituten gang und gäbe ist. Natürlich verspüre ich auch einen gewissen Erwartungsdruck, aber eher auf einer Fünfjahresbasis. Das führt zu einem anderen Umgang mit den Kunden als dies bei angelsächsischen Asset Managern der Fall ist.
Inwiefern?
Ich weiss von Berufskollegen, die Namenslisten erhalten und pro Woche so und so viele Telefonanrufe bei potenziellen Kunden machen müssen. Das gibt es bei uns nicht. Ich habe für mein Team aber eine sogenannte Zehn-Minuten-Response-Rule eingeführt. Das heisst, unsere wichtigsten Kunden erhalten nach spätestens zehn Minuten eine Antwort oder zumindest eine Reaktion auf ihre Anfrage.
Sie haben vorhin die Innovationsfähigkeit erwähnt – ist das mehr als nur ein Lippenbekenntnis?
Ja, wir waren beispielsweise die erste Bank überhaupt, die Themenfonds lanciert hat. Wir haben im Jahr 2000 den Wasserfonds aufgelegt, bei dem wir nicht mehr nach Regionen oder Branchen, sondern in Firmen investierten, die mit dieser Ressource zu tun haben.
«Pictet ist als Finanzgruppe schon lange keine klassische Privatbank mehr»
Während der Fonds bei den Privatkunden von Anfang an relativ gut ankam, haben viele institutionelle Kunden zunächst die Stirne gerunzelt und spasseshalber gefragt, ob wir auch noch einen Feuer- und einen Erdfonds bringen würden. Mehrere Jahre dümpelte der Fonds mit 200 oder 300 Millionen Franken vor sich hin. Bis die grosse Wende kam.
Was geschah dann?
Unter den Investoren reifte allmählich die Einsicht, dass die Welt nachhaltiger und sparsamer mit ihren Ressourcen umgehen muss – mit dem Resultat, dass es heute kaum mehr eine Pensionskasse gibt, die nicht eine nachhaltige Anlagepolitik verfolgt – selbst in den USA werden ESG-Kriterien immer wichtiger.
Grosse Vorsorgeeinrichtungen bestehen darauf. Inzwischen hat das Volumen im Wasserfonds fünf Milliarden Franken übertroffen. Unlängst haben wir ihn für weitere Investoren schliessen müssen.
Bei Pictet befinden sich Private Banking und Asset Management unter einem Dach. Führt das nicht zu Interessenskonflikten?
Vordergründig könnte man das annehmen. Aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Denn Pictet ist als Finanzgruppe schon lange keine klassische Privatbank mehr. Etwa die Hälfte der Kundengelder und Erträge stammt heute aus unserem Asset Management.
«Unter den Kundenberatern von Pictet existiert eine Skepsis gegenüber Inhouse-Produkten»
Und gerade einmal zehn Prozent der Erträge im Asset Management kommen direkt aus dem Private Banking. Die übrigen 90 Prozent erzielen wir mit externen Kunden. Insofern kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass wir keinen Interessenskonflikt haben.
Ketzerisch gesagt könnte man sich dann aber wundern, weshalb die Kundenberater von Pictet nicht mehr eigene Fonds verkaufen. Sind diese Produkte so schlecht?
Nein. Wenn der Kunde sein Geld schon bei Pictet hat, ist es oftmals einfacher, ihm ein Produkt eines Drittanbieters zu verkaufen. Bei uns bestehen auch keine Vorgaben von oben, den Kunden hauseigene Produkte zu verkaufen. Oder anders formuliert: Unter den Kundenberatern von Pictet existiert eine gesunde Skepsis gegenüber Inhouse-Produkten. Das ist gut so. Wir wollen nicht allzu stark von der Privatbank abhängig sein.
Aktiv oder passiv Anlegen ist mittlerweile eine Glaubensfrage in der Branche. Wie gehen Sie damit um?
Ich denke, dass passive Anlagestrategien weiter Bestand haben werden. Von unseren 190 Milliarden Franken an Kundengeldern im Asset Management sind nur 30 Milliarden passiv investiert. Pictet war in den 1980er-Jahren übrigens die erste Bank, die den Schweizer Pensionskassen passive Mandate in Form von Stiftungen angeboten hat. Passive Anlagen sehe ich daher nicht als Bedrohung. Ich vergleiche die heutige Situation im Markt eher mit derjenigen eines Fitnesstrainers.
Wass heisst das konkret?
Passive Strategien zwingen uns, in anderen Bereichen besser zu sein. Das sind wir etwa mit unseren Themenfonds, Wasser, Sicherheit oder Robotics – wobei es auf Finanzprodukte keinen Patentschutz gibt. Früher oder später wird man auf allen Gebieten kopiert.
Könnte ein bestimmtes Ereignis an den Finanzmärkten zu einer Abkehr vom passiven Investieren führen?
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