Zwei russische Bankenriesen wollen nun auch im Rohstoffhandel ein grosses Rad drehen. Die Schweiz steht im Zentrum ihrer Pläne.
Die Gründungen in Zug sind bereits erfolgt. Mit der Sberbank und VTB unterhalten die beiden grössten Banken Russlands im Zentralschweizer Steuerparadies Tochterfirmen – und beide mit dem gleichen Zweck: der Handel und die Finanzierung von Transaktionen mit Rohstoffen.
Wie die «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, soll die Gesellschaft Sber Trading Swiss im dritten Quartal dieses Jahres den Handel aufnehmen und Finanzierungen bereitstellen. Die Sberbank, die staatliche Nummer eins in Russlands Bankenlandschaft, hegt die Ambition, zur weltweit führenden Anbieterin im Bereich der physischen Rohstoffe aufzusteigen.
VTB, die russische Nummer zwei, baut die Aktivitäten ihrer Zuger Tochter vom Metallhandel nun noch auf Getreide aus.
Europäische Mitbewerber auf dem Rückzug
Der Vorstoss kommt nicht von ungefähr. Die Russen nutzen den teilweisen Rückzug grosser Akteure im physischen Handel. So haben sich europäische Banken wie die französische Société Générale, Deutsche Bank oder Barclays im Business zurückgenommen. Dies, während amerikanische Institute wie Citigroup und Goldman Sachs sowie chinesische Banken wie ICBC weiter um Marktanteil kämpfen.
Nun wittern die russischen Konkurrenten eine Chance, zumal sich das Geschäft in der an Rohstoffen reichen Heimat aufdrängt. Kommt hinzu, dass für Handelsgesellschaften weniger strenge Vorschriften gelten als für die Banken selber – es bietet sich die Möglichkeit zur Regulierungs-Arbitrage.
Dass die Schweiz nun in den Plänen der russischen Institute eine zentrale Rolle spielt, ist nur folgerichtig: Das Land ist eines der wichtigsten Drehkreuze im Rohwarenhandel. Gemäss Schätzungen des Bundes sind in der Schweiz gegen 500 Unternehmen mit rund 10‘000 Mitarbeitenden in der Rohstoffbranche tätig.
Neuerliche Regulierungswelle
Einer Erhebung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zur Schweizer Zahlungsbilanz zufolge überholte der Rohstoffhandel die Einnahmen der Banken aus Finanzdienstleistungen im Jahr 2011 und stellte die wichtigste Komponente der Ertragsbilanz dar. Die Einnahmen aus dem Rohstoffhandel lagen damals bei rund 20 Milliarden Franken.
Allerdings schwappt der Branche in der Schweiz möglicherweise eine neue Regulierungswelle entgegen. Diesen Juni wurde klar, dass hierzulande die Konzernverantwortungs-Initiative vors Volk kommt. Das Begehren will in der Schweiz domizilierte Unternehmen stärker für ihr Handeln im Ausland in die Pflicht nehmen; dabei steht die Rohstoffbranche mit ihren Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft im Fokus.
Bereits 2018 hat zudem der Schweizer Bundesrat einen Bericht über die Situation im Schweizer Rohstoffsektor verabschiedet. Darauf soll nun bis zum Jahresende ein weiterer Bericht mit konkreten Empfehlungen folgen.