Kurz nach dem Kanton Zürich, schaffte auch Liechtenstein im Juli 2024 klarere Rahmenbedingungen, um gemeinnützigen Stiftungen zweckbezogene Investitionen in Form von Impact Investing und Venture Philanthropy zu ermöglichen.
Von Thomas Zwiefelhofer, Präsident der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST)
Mit diesen Neuerungen wurden bislang bestehende grosse Unsicherheiten bezüglich der Steuerbefreiung, einem wichtigen Qualitätsmerkmal von gemeinnützigen Stiftungen, aus der Welt geschafft.
Neu können gemeinnützige liechtensteinische Stiftungen damit nicht nur Fördertätigkeit und Anlagestrategie besser aufeinander abstimmen, sondern Transformationsprozesse auch als soziale Investoren anstossen.
Das ultimative Risikokapital?
Um den grossen Herausforderungen unserer Zeit begegnen zu können, entwickeln sich gemeinnützige Stiftungen immer öfter weg von einer klassischen Fördertätigkeit. Sie nehmen ihre Rolle als soziale Investoren und als Erzeuger von volkswirtschaftlichem, gesellschaftlichem oder ökologischem Impact ernst, und streben Wandel nicht bloss durch die Vergabetätigkeit an, sondern zusätzlich auch über nachhaltige ökonomische Anreizmechanismen, die in vielen Förderbereichen zu einer neuen Wirtschaft und Gesellschaft führen können.
Gemeinnützige Stiftungen besitzen eine besondere Form von Risikokapital, da sie – anders als Unternehmen oder Staaten – keine Rechenschaft an Aktionäre oder Steuerzahler ablegen müssen.
Sie sind lediglich dem Stifterwillen verpflichtet. Zu Recht unterliegen sie deshalb aber, auch aufgrund ihres Privilegs der Steuerbefreiung, strengen rechtlichen Vorgaben, sowohl in Bezug auf die Erfüllung ihres Zwecks als auch auf ihre Verwaltung.
Eine besondere Herausforderung besteht für sie auch darin, durch die Anlage ihres Vermögens Erträge zu erzielen und gleichzeitig soziale Verantwortung wahrzunehmen.
Den Stiftungszweck ganzheitlich verfolgen
Gemeinnützige Stiftungen sollen grundsätzlich das Gemeinwohl zu fördern – häufig in den Bereichen Soziales, Wissenschaft, Kultur, Sport, Umwelt, Gesundheit usw. Der Stifter oder die Stifterin trennt sich dabei unwiderruflich vom Vermögen, um es einem oder mehreren gemeinnützigen Zielen zu widmen.
Traditionell wird das Vermögen der Stiftung professionell verwaltet und die damit erzielten Erträge dienen dann ebenfalls wieder der Erreichung des Stiftungszwecks.
Immer häufiger setzt sich aber die Erkenntnis durch, dass dies alleine nicht reichen kann. In den letzten Jahren wuchs das Bewusstsein für nachhaltige und verantwortungsvolle Vermögensanlagen, weshalb auch die Vereinigung Liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST) bereits 2016 einen Leitfaden für nachhaltiges Investieren für Stiftungsräte gemeinnütziger Stiftungen herausgegeben hat.
Dabei wurde insbesondere auf den Aspekt der Zweckkonformität hingewiesen. Durch zweckfördernde Vermögensanlagen, wie beispielsweise dem Impact-Investing, wird die Wirkung der Stiftungstätigkeit um eine wichtige Dimension erweitert.
Erweiterte Fördertätigkeit
Doch nicht nur durch eine entsprechende Vermögensanlage wie Impact Investments kann der Stiftungszweck zusätzlich gefördert werden. Wie eingangs erwähnt, gewinnen in der Fördertätigkeit von gemeinnützigen Stiftungen auch soziale Investitionen zunehmend an Bedeutung. Neben Impact Investment als Instrument kommt hierbei vor allem vermehrt Venture Philanthropy ins Spiel.
Während bei einem Impact Investment die Erwartung einer finanziellen Rendite mit einem positiven sozialen oder ökologischen Einfluss kombiniert wird, geht es bei Venture Philanthropy primär darum, die Wirkung und Effizienz der geförderten Organisationen zu maximieren, und weniger darum, eine finanzielle Rendite zu erzielen.
Bei beiden Formen stellt sich aber die Frage was passiert, wenn Gelder respektive Renditen an die gemeinnützigen Stiftungen zurückfliessen. Denn unternehmerisches Tätigwerden ist bei gemeinnützigen Stiftungen in der Regel nicht vorgesehen und führt deshalb regelmässig zum Verlust der Steuerbefreiung, was neben der finanziellen Komponente auch dem Status der gemeinnützigen Stiftung schadet.
Anpassung Merkblatt Steuerbefreiung
Anlässlich des letztjährigen Behördentreffens, welches die VLGST jährlich für den Austausch zwischen ihren Mitgliedstiftungen und den leitenden Behördenvertretern organisiert, wurde das Thema an die Steuerverwaltung herangetragen und die entsprechenden Anliegen der gemeinnützigen Stiftungen vorgebracht.
Die Steuerverwaltung hat daraufhin –in Absprache mit der VLGST und Vertretern der Treuhandkammer – das massgebende Merkblatt betreffend die Voraussetzungen für die Befreiung von gemeinnützigen juristischen Personen und besonderen Vermögenswidmungen ohne Rechtspersönlichkeit von direkten Steuern» um den Punkt zweckbezogene Investitionstätigkeit erweitert.
Liechtenstein folgt also als erstes Land der Lösung des Kantons Zürich, der mit seiner Praxisänderung im Februar 2024 voranging. Liechtenstein trägt mit dieser Klarstellung zu einem zeitgemässen und wirkungsvollen Stiftungswesen bei.
Mit Blick auf die unternehmerischen Fördermodelle ist die Fördertätigkeit neu ohne negative Folgen für die Steuerbefreiung nicht nur auf à-fonds-perdu-Beiträge und -Leistungen beschränkt, sondern es sind auf der Förderseite auch Impact Investments oder unternehmerische Investitionen und Massnahmen möglich, sofern Stiftungen dabei in einem Bereich ohne formellen Markt agieren und die zurückfliessenden Mittel wieder zweckkonform für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
Voraussetzungen geschaffen – folgt nun die Praxis?
Wer sich der Herausforderung stellt und traditionelle Fördermodelle durch unternehmerische Ansätze erweitert, muss präzise Ziele definieren und sich mit der Komplexität der Wirkungsmessung auseinandersetzen. Dazu empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern, die den philanthropischen Ansatz des Impact Investments aus der Praxis kennen und entsprechend beraten können.
Verschiedene Initiativen wie beispielsweise die «Youth Green Finance Initiative Liechtenstein», eine Kooperation der LIFE Klimastiftung Liechtenstein, Unicef Schweiz Liechtenstein, dem Liechtensteinischen Bankenverband sowie der Universität Liechtenstein, haben zum Ziel, innovative Impact-Finanzlösungen zu fördern und auf den Markt zu bringen.
Die Rolle der Stiftungsverbände wie der VLGST beschränkt sich hingegen auf die entsprechende Weiterbildung und Motivation ihrer Mitglieder. Und darauf, hoffentlich vermehrt entstehende Praxisbeispiele aufzuzeigen, die zur Nachahmung inspirieren.
Thomas Zwiefelhofer ist Präsident der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST) und in der Gruppenleitung der First Advisory Group. Er ist diplomierter Architekt und promovierter Jurist. Er wechselte 2013 bis 2017 aus der Privatwirtschaft als Regierungschef-Stellvertreter in die Liechtensteinische Regierung, wo er für das Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft zuständig war.