Seit Juli versucht das deutsche Neobanken-Einhorn N26, in den USA Fuss zu fassen. Vom Schweizer Markteintritt hat das Unternehmen zwar auch gesprochen. Doch dabei ist es aus guten Gründen bisher geblieben.
Das deutsche Neobanken-Startup N26 um die beiden Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal hat dieser Tage wieder Grosses zu berichten.
Kürzlich gab das Unternehmen bekannt, sein Geschäft in den USA lanciert zu haben. Am (heutigen) Donnerstag kam der Abschluss der letzten Finanzierungsrunde und somit eine Finanzspritze von umgerechnet rund 170 Millionen Franken Kapital zu den bereits gesprochenen rund 300 Millionen Franken hinzu.
Die insgesamt also umgerechnet etwa 470 Millionen Franken zusätzliches Kapital verschaffen dem Unternehmen eine neue Bewertung. Nun soll N26 bereits rund 3,5 Milliarden Franken schwer sein. Damit ist die Neobank eines der schwersten Startups und sicher eines der am höchsten bewerteten Fintechs Europas.
Weile ohne Eile
Wie die «NZZ» durch ein Gespräch mit Gründer Stalf in Erfahrung gebracht hat, steht der Markteintritt in die Schweiz nach wie vor unmittelbar bevor, vermutlich Ende des Sommers soll es nun soweit sein.
Kritischen Beobachtern dürfte aufgefallen sein, dass der Schweizer Markteintritt bei N26 schon ziemlich lange «unmittelbar bevorsteht». Auch finews.ch hat verschiedentlich darüber berichtet. Zwei, drei Wochen, hiess es im März. Dann ging es wieder länger als geplant, nun haben wir Juli.
Doch höchstwahrscheinlich dürfte die Motivation des Unternehmens, in der Schweiz die Zelte aufzuschlagen, kleiner sein, als das Unternehmen jeweils versichert. In der «NZZ» lobt Stalf die «zahlungskräftige Bevölkerung» und die im Vergleich zur EU deutlich höheren Kartengebühren, beides mache die Schweiz zu einem sehr attraktiven Markt.
Nachweisliche Schwierigkeiten
Wenn die Schweiz aber aus diesen Gründen ein derart attraktiver Markt wäre, müsste man sich doch fragen, wo die ganzen anderen erfolgreichen privatkundenorientierten Fintechs stecken, die es aus der Eidgenossenschaft bis aufs internationale Parkett geschafft haben.
Doch ganz so einfach scheint es nicht. Denn wie finews.ch am (gestrigen) Mittwoch gemeldet hat, gewann zum Beispiel Zak, die digitale Tochter der Basler Kantonalbank, im ersten Jahr gerade mal etwa 14'000 Nutzerinnen und Nutzer. Der Schweizer Markt scheint also nur spannend, wenn man neben der grandiosen Idee auch über ein enormes Werbebudget verfügt. Denn viele potentielle Kunden hat es nicht, und sich mit den lokalen Playern wie Neon, Zak und ab Herbst möglicherweise auch Yapeal um Marktanteile zu streiten, kostet gerade beim in der Schweiz überdurchschnittlich teueren Onboarding enorm viel.
USA vor Schweiz
Daher eignen sich für Firmen, die wie Neobanken an raschem, starkem Auf-Teufel-Komm-Raus-Wachstum interessiert sind, die grossen Märkte wie Deutschland, Grossbritannien oder Amerika nachweislich mehr. Und besonders das Geschäftsmodell von N26, durch tiefe Infrastrukturkosten trotz niedrigen Preisen hohe Margen erzielen zu können, funktioniert auch nur dank Skaleneffekten.
Folglich überrascht es nicht, dass N26 den USA-Launch der kleinen Schweiz vorzieht, steckt doch im amerikanischen, digital angeblich eher rückständigen Retail-Markt deutlich mehr Potential als hierzulande.
Und eine der grossen bisherigen Hürden, nämlich dass die USA keine einheitliche Banklizenz haben, sondern mehr oder weniger jeder Bundesstaat macht was er will, konnte die Neobank jedenfalls elegant lösen. Und zwar indem sie mit der Direktbank Axos in San Diego zusammenarbeitet, Einlagensicherung von 250'000 Dollar inklusive.
Und als letzter Punkt, dessen Bedeutung allerdings nur schwer einschätzbar ist: In der Grafik (Bild oben), in der N26 ebenfalls am Donnerstag die Expansionspläne von 2019 aufzeigt, ist nur Sao Paolo, Brasilien als Expansion 2019 eingezeichnet. Die Schweiz ist – mindestens laut dieser Karte – für N26 bis auf weiteres ein weisser Fleck.