Die Entwicklung des Schweizer Online-Vermögensverwalters Truewealth droht ins Stocken zu geraten. Das Unternehmen sucht mehrere Millionen Franken, wie Recherchen von finews.ch ergaben.
Im November 2014 ging der Zürcher Vermögensverwalter Truewealth an den Start. Er war der erste reine Online-Geldmanager hierzulande, der eine erschwingliche Vermögensberatung auch für Privatanleger anbot.
Vereinfacht gesagt lässt das Unternehmen Kundengelder nach individuellen Risikoprofilen über ein Computersystem (Roboadvisor) verwalten.
Der Neuling fand eine überdurchschnittliche Beachtung in den Medien. Vom «Angriff auf die Banken» war die Rede oder von den «jungen Wilden», welche die Vermögensvewaltungs-Branche umkrempeln wollten.
Weitere Millionen bis 2017
Nun, ein gutes Jahr später, sind diese Ankündigungen etwas in den Hintergrund getreten. Stattdessen sucht Truewealth frisches Kapital und zwar in Millionenhöhe, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Personen, die mit der Sache vertraut sind, sprechen gar von einer «verzweifelten» Geldsuche.
Mitgründer Felix Niederer wollte auf Anfrage von finews.ch keine Stellung zu diesen Informationen nehmen. Wie die weiteren Recherchen ergaben, sucht oder benötigt Truewealth für dieses Jahr mindestens 5 Millionen Franken und bis 2017 weitere 12 Millionen Franken.
Mit dem Geld will das Unternehmen diverse Marketing-Massnahmen finanzieren, technologische Verbesserungen an der Plattform vornehmen und das Team vergrössern. Derzeit sind neben den beiden Gründern Felix Niederer und Oliver Herren drei weitere Personen angestellt.
Expansion in neue Märkte
In der zweiten Etappe, ab 2017, sollen die zusätzlichen Mittel in weitere Märkte neben der Schweiz und Deutschland fliessen. Die Ausweitung des Einzugsgebiets ist zwingend, denn allein in der Schweiz und Deutschland ist das Potenzial offenbar zu gering, als dass es sich langfristig rechnen würde. Angesichts der sehr tiefen Verwaltungsgebühren – rund 0,5 Prozent des investierten Vermögens – ist Truewealth auf ein möglichst hohes und rasches Wachstum angewiesen.
Ein solches Wachstum hat das Unternehmen seit seiner Gründung zwar durchaus hingelegt, doch auf einem sehr bescheidenen Niveau. Die verwalteten Vermögen stiegen von 1,3 Millionen Franken auf aktuell 24 Millionen Franken. Das ist allerdings viel zu wenig, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen.
Niederer selber setzte sich in einem Interview mit finews.ch im vergangenen Juni das ambitiöse Ziel von einer Milliarde Franken verwalteten Geldern bis Ende 2017. Fachleute bezweifeln inzwischen, dass diese Marke in der erwähnten Frist erreicht wird.
Schweres Überleben
Zum Vergleich: Die grössten Roboadvisor aus den USA, Betterment und Wealthfront, verwalten seit ihrer Gründung vor sechs beziehungsweise drei Jahren je rund 3 Milliarden Dollar. Daraus generieren sie schätzungsweise einen Ertrag von 7 Millionen Dollar, wie das Wirtschaftsmagazins «The Economist» letzten Oktober berichtete.
Dabei es ist nur eine Frage der Zeit bis die beiden Unternehmen in Europa auf Kundenfang gehen und so lokalen Anbietern wie eben auch Truewealth den Markt streitig und das (Über-)Leben schwer machen.
Konkurrenz schläft nicht
Doch nicht nur von Aussen droht Truewealth Konkurrenz; auch im Inland poppen neue Roboadvisor auf: So lancierte die Postfinance letzten Oktober den Plan, zusammen mit Swissquote einen Roboadvisor anzubieten. Und dem Vernehmen nach schlägt sich seit geraumer Zeit auch die UBS mit der Absicht herum, demnächst einen ausgeklügelten Vermögensverwaltungs-Roboter zu lancieren.
Von dieser Plattform aus könnten die «Roboter» nach ersten Tests rasch in zahlreiche Märkte vorstossen, wie auch finews.ch kürzlich berichtete.