Ungünstige Versichertenstrukturen erschweren eine Pensionskassen-Sanierung. So das Fazit einer kürzlichen Diskussion der B+B Vorsorge in Basel.
Für die Sanierung einer Pensionskasse spielt das Verhältnis zwischen aktiv Versicherten und Rentenbezügern eine zentrale Rolle, wie die Teilnehmer des Vorsorgepodiums der B+B Vorsorge AG Mitte Juni 2012 in Basel darlegten.
Stephan Eng, Leiter der beruflichen Vorsorge beim Gewerbeverband Basel-Stadt und in dieser Funktion Geschäftsführer dreier Pensionskassen im Gewerbe- und Baubereich, wies darauf hin, dass viele Vorsorgeeinrichtungen durch die Entwicklung der Finanzmärkte in eine Unterdeckung getrieben worden sind, die nach Sanierungsmassnahmen ruft.
Verschlechterte Verhältnisse
Kritisch seien solche Massnahmen allerdings, wenn ein Drittel der Versicherten Rentner sind. Da sich ihre Renten nicht kürzen liessen, müssten die aktiv Versicherten die gesamte Last einer Sanierung der Vorsorgeeinrichtung tragen.
Stephan Eng beurteilte die Chance, dass der Gesetzgeber dereinst die Rentner in die Verantwortung nehmen könnte, als gering ein, zumal sich das Missverhältnis zwischen aktiv Versicherten und Rentenbezügern demografisch bedingt weiter verschlechtere.
Bröckelnde Solidarität
Bernhard Madörin, CEO und Präsident des Verwaltungsrats der artax Fide Consult, pflichtete ihm bei: «In dem Moment, wo der Versicherte Rentner wird, hat er einen rechtlichen Leistungsanspruch, und der ist eine heilige Kuh.»
Angesichts der bröckelnden Solidarität bedingt durch die sinkende Loyalität der Arbeitnehmer brachte Philipp Sutter, CEO und Leiter Management Services der Beratungsgesellschaft für die zweite Säule AG, ein gewisses Verständnis auf, dass sich die Rentner, die einem Betrieb über Jahrzehnte treu waren und immer in dieselbe Pensionskasse einbezahlt haben, sich nicht an Sanierungsmassnahmen beteiligen wollen.
Anständige Renditen
Herbert Brändli, Gründer der B+B Vorsorge AG, warf an dieser Stelle ein, dass die Erwirtschaftung einer anständigen Rendite der Zweck der Pensionskasse sei.
Auf die Frage des Moderators, Thomas Hengartner, Redaktor der «Finanz und Wirtschaft», ob die Einführung einer teilvariablen Rente die Lösung sei, sah Stephan Eng ausser im überobligatorischen Teil keinen Spielraum dafür.
Spontanes Saal-Voting
Wenn er auch den Grundsatzentscheid für eine obligatorische berufliche Vorsorge für richtig hält, bezeichnete Bernhard Madörin die Ausgestaltung des obligatorischen Teils dennoch als «Missgeburt».
Es seien Ziele definiert worden, von denen man nicht wissen könne, was dabei herauskomme. Im spontanen Saal-Voting stiess er damit allerdings nur bei einem Viertel der Gäste auf Zustimmung.
Warnung vor kurzfristigen Trends
Bernhard Madörin ergänzte, dass die Planziele in den ersten zehn Jahren erreicht worden seien, nun aber, obschon eine Korrektur nötig sei, mit der kleinen Kelle angerichtet werde.
Stephan Eng rief zu langfristigem und sicherheitsorientiertem Denken bei der Kapitalbildung auf und warnte davor, auf kurzfristige Trends aufzuspringen.
Drei Flugebenen zu tief
Philipp Sutter stufte den Zielerreichungsgrad der BVG in der oberen Hälfte einer Skala von eins bis zehn ein. Für ihn war aber klar, die Geburtshelfer des BVG sind nicht die Richtigen, um das BVG zu sanieren.
«Sie setzen zwei, drei Flugebenen zu tief an und laufen Gefahr, gegen den Berg zu prallen», so seine Einschätzung. Stephan Eng wünschte sich eine Gesetzgebung mit weniger Verordnungen: «Die heutigen Vorschriften haben dazu geführt, dass die Vorsorgereglemente, die früher auf zwei, drei Seiten Platz hatten, Bücher geworden und damit nicht mehr lesbar sind.»
Die Kunst der Fuge in der Information
Stephan Eng plädierte ausserdem dafür, den Vorsorgeausweis zu entschlacken. Philipp Sutter teilte diese Meinung grundsätzlich: «Mehr ist nicht mehr».
Er war aber der Ansicht, dass der Information der Versicherten generell ein höherer Stellenwert eingeräumt werden müsse, was sich bei der firmeneigenen Pensionskasse einfacher realisieren lasse als bei einer Sammelstiftung.
Die Kunst der Fuge besteht nach seiner Auffassung darin, die Information zu kondensieren: «Es ist Unfug, einem 30-Jährigen anzugeben, welche Rente er mit 65 Jahren bekommt. Bis dahin kann sich der Umwandlungssatz noch x-fach ändern.»
Freie Pensionskassenwahl umstritten
Bernhard Madörin plädierte dafür, solche Planziele abzuschaffen und auf dem Vorsorgeausweis lediglich das angesparte Kapital anzugeben.
Bernhard Madörin vermisste generell einen Wettbewerb in der beruflichen Vorsorge und votierte für eine freie Wahl der Pensionskasse und die Reduktion auf zwei, drei Pensionskassen.
Stephan Eng und Philipp Sutter standen dieser Variante angesichts des administrativen Aufwands und der daraus resultierenden Kosten eher skeptisch gegenüber. «Technisch ist die freie Pensionskassenwahl zwar machbar, aber die Versicherten sind mit dieser Wahl überfordert», meinte Philipp Sutter.
Mehr Sozialhilfeempfänger?
Stephan Eng gab zu bedenken, dass das Kollektiv bessere Konditionen schafft und der Arbeitgeber bei freier Pensionskassenwahl kein Interesse habe, sich über das gesetzliche Minimum hinaus zu engagieren. Ebenso konnte sich Philipp Sutter eine freie Wahl der Anlagestrategie nur für den überobligatorischen Teil vorstellen.
Er fürchtete, die falsche Wahl im Obligatorium könnte die Zahl der Sozialhilfeempfänger steigen lassen, da der Versicherte in unserem Sozialstaat nicht die Konsequenzen seiner Wahl tragen muss.