Die Konsequenzen der anhaltenden Krise in Griechenland würden von vielen Analysten schlicht überschätzt, findet die Axa-Strategin Christina Böck.
Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.
Nun, da das Ende des Hilfsprogramms entschieden ist und der Ausfall der Schulden Griechenlands an den Internationalen Währungsfonds (IWF) so gut wie sicher, kommen die Anleger nicht mehr um die Frage herum, was das alles bedeuten könnte. Dass die Märkte bis Ende letzter Woche recht ruhig waren, kann an der letzten Hoffnung auf eine Einigung gelegen haben.
Doch nun? Die Konsequenzen werden vermutlich von vielen Analysten überschätzt. Denn die Unterschiede zwischen der heutigen Situation und den Krisenmomenten von 2010 und 2012 sind frappierend: Heute wird noch ein extrem geringer Teil der griechischen Schulden von privaten Investoren gehalten.
Zahlungsversprechen, aber keine Verluste
Es sind hauptsächlich europäische Institutionen, die Abschreibungen werden in Kauf nehmen müssen. Und Abschreibungen sind Buchungen, ein Verzicht auf weit in der Zukunft liegende Zahlungsversprechen – aber keine Verluste, die in der nächsten Zeit grössere Probleme auslösen würden. Ausserdem haben die europäischen Banken heute eine viel bessere Kapital- und Liquiditätsposition als damals.
Auf der realwirtschaftlichen Seite ist festzustellen, dass die Handelsbeziehungen Griechenlands zum weiteren europäischen Wirtschaftsraum in den vergangenen Jahren stark gesunken sind. Die verbesserte Situation der anderen Peripherieländer, zum Beispiel mit einer deutlich stärkeren Fiskalpolitik und relativ ausgeglichenen Leistungsbilanzen, reduziert die Anfälligkeit dieser Länder für eine Ansteckung.
Nervosität bleibt nicht aus
Der beste Schutz gegen eine Ansteckung ist allerdings die erst im vergangenen Januar begonnene quantitative Lockerung. Durch diese werden die Zinsen auf die Staatsanleihen beispielsweise von Italien und Spanien niedrig gehalten. Natürlich wird die Nervosität nicht völlig ausbleiben, und die Zinsdifferenziale zu deutschen Bundesanleihen werden ansteigen.
Auf Grund der vielen, in den letzten Jahren eingerichteten Massnahmen hat die Europäische Zentralbank (EZB) jedoch eine Vielzahl von Möglichkeiten, die verbleibenden europäischen Länder mit einem finanziellen Schutzzaun zu umgeben.
Katastrophe für die Griechen
Deshalb ist heute das wahrscheinlichste Szenario, dass die neuesten Entwicklungen um Griechenland zwar eine tiefe politische Krise auslösen dürften, aber nur einen kurzfristigen Schock für die Finanzmärkte darstellen werden. Denn die makro-ökonomische Situation der Eurozone ist fundamental recht positiv – und dürfte kaum von Griechenland aus den Bahnen gerissen werden. Nur für die Griechen selbst wird die ökonomische Lage wohl noch katastrophaler werden.
Und rein anlagetechnisch dürften wir wohl in den nächsten Tagen wunderbare Einstiegsmöglichkeit in so einige Anlagen bekommen wie Peripherie-Staatsanleihen und Aktien.
Christina Böck studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, bevor sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte. Ab 1994 war sie bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers stiess sie 2001. Seit 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.