Die Banken würden nur Symptom-Therapie betreiben, findet der Zürcher Vermögensverwalter Beat Wittmann. Darum sei jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Aktien von Luxusgüterfirmen zu investieren, sagt er im Interview mit finews.ch.
Herr Wittmann, im letzten Frühjahr empfahlen Sie noch Banktitel zum Kauf. Hat sich an Ihrer Einschätzung etwas geändert, angesichts der jüngsten Entwicklungen an der Börse?
Meine Einschätzung hat sich tatsächlich geändert, da die Grossbanken die Chance verstreichen liessen, ihr Investmentbanking auf die Bedürfnisse der Vermögensverwaltung auszurichten und entsprechend zu begrenzen. Wir haben in der Folge unsere Positionen in einzelnen Schweizer Banken, die wir im März eingegangen waren, im Juni vollumfänglich verkauft.
Warum sind Bankaktien im Moment dermassen «out»?
Im Bankgeschäft gilt: Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen. Aber das Vertrauen ist verloren gegangen. Darum fallen die Kurse. Remedur werden nur der Druck der Aktionäre sowie die Umsetzung der neuen regulatorischen Rahmenbedingungen bringen.
Sind es nicht auch strukturelle Probleme, welche die Bankenwelt umwälzen?
Das Epizentrum der Krise von 2008 war der Finanzsektor selber. Die Ursachen waren weitgehend struktureller Natur. Dazu zählen die Regulierungsarbitrage zwischen einzelnen Finanzplätzen, die asymmetrischen Anreizstrukturen im Management und die von den Notenbanken zu Tiefstzinsen zur Verfügung gestellte Überschuss-Liquidität.
«Nachhaltiges Wachstum ist ohne Finanzsektor unmöglich»
Bis zum heutigen Tag ist nur Symptom-Therapie betrieben worden. Global betrachtet wird der Anteil des Finanzsektors am Bruttoinlandprodukt (BIP) wie auch an der gesamten Marktkapitalisierung zu einem Gleichgewicht gesund schrumpfen müssen. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Wann werden Finanztitel wieder ein «Kauf» sein?
Sobald die Banken fundamentale Änderungen an ihrem Geschäftsmodell und an ihrer Strategie vorgenommen haben. Das ist eine Frage der Zeit, da eine allgemeine wirtschaftliche Gesundung und ein nachhaltiges Wachstum nicht ohne eine Rehabilitierung des Finanzsektors möglich sind. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung spielt der Finanzsektor die zentrale Rolle schlechthin.
Als Alternative zu Finanztiteln empfehlen Sie Anlagen in Luxusgüterproduzenten. Warum gerade jetzt?
Das nun zyklisch schwache Börsenumfeld ist der richtige Zeitpunkt dafür, zumal wir es hier mit einer höchst attraktiven Wachstumsnische zu tun haben. Dabei empfehle ich, sich auf allerhöchste Qualität zu konzentrieren, bezüglich Management, Produkte und Finanzierung.
«Luxusgüter sind emotional, schön, zeitlos und einzigartig»
Ist die anhaltende Wirtschaftskrise nicht ein belastender Faktor für den Konsum und damit auch für die Luxusgüterindustrie?
Nur ein Rückfall in eine globale Rezession hätte diesen Effekt. Aber ich gehe nicht von einem solchen Szenario aus. Zwar verlangsamt sich das Wachstum in den Industrieländern, doch die grossen Schwellenländer weisen nach wie vor überdurchschnittliche Wachstumsraten aus. Hier liegt auch der primäre Wachstumstreiber für die Luxusgüterindustrie.
Das Universum im Luxusgüterbereich ist riesig. Wie trennen Sie beim Investieren die Spreu vom Weizen?
Luxusgüter sind emotional, schön, zeitlos und einzigartig. Man erwirbt und verschenkt sie liebend gern. Je stärker die Marke eines Luxusprodukts ist, desto leichter lassen sich die entsprechenden Preise am Markt realisieren.
«Im Luxussektor sind wir aktive Investoren seit 1993»
Mir als Investor sind diejenigen Luxusunternehmen am liebsten, die bei zunehmender Nachfrage steigende Preise durchsetzen können. Die Messlatte sind Firmen wie Chanel, Hermes und LVMH. Leider sind auch viele der besten Unternehmen nicht börsenkotiert, wie Rolex, Armani oder Chanel.
Dynapartners profiliert sich verstärkt im Luxusgütersegment. Was befähigt Sie, in dieser Sparte tätig zu sein?
In diesem Sektor sind wir aktive Investoren seit dem Börsengang von Hermes im Jahr 1993. Seither haben wir Erfahrungen gesammelt, unser Netzwerk stetig weiter entwickelt und unser Investment-Know-how laufend erweitert.
«Wir planen die Lancierung eines Anlagefonds»
Luxusgüter-Investments erfolgen bei uns auf der Basis eines voll integrierten Analyse- und Anlageprozesses, der alle Schlüsselaspekte umfasst: Geschäfts- und Brand-Management, Produktpositionierung, Kundenresponse, Logistik, Finanzen, die Aktienbewertung und natürlich auch Trendanalysen.
Mit welcher Struktur können Kunden bei Ihnen ein Investment im Luxusgüterbereich tätigen?
Zurzeit bieten wir Anlagen auf Mandats- oder Beratungsbasis an. Zu einem späteren Zeitpunkt planen wir die Lancierung eines Anlagefonds. Unser Angebot umfasst die Analyse und Selektion von Einzeltiteln und die Bestimmung des Aktien- und Cashanteils im Portfolio. So streben wir eine maximale Partizipation in positiven Märkten und die Minimierung von Kursverlusten in negativen Märkten an.
«Wir haben klare Wachstums- und Renditeerwartungen»
Auf welche Titel setzen Sie aktuell?
Wir favorisieren Titel im obersten Segment des Luxusgütersektors, die über starke Marken, solide Finanzkennzahlen und eine attraktive Bewertung verfügen. Ganz wichtig ist auch ein nachhaltig erfolgreiches Management in den jeweiligen Unternehmen. Unsere aktuellen Top-Picks sind Burberry, Coach, Hugo Boss, Ralph Lauren, Remy Cointreau, LVMH, Ferragamo, Richemont, Swatch, Tiffany.
Welches sind Ihre Performance-Ziele?
Unsere Wachstums- und Renditeerwartungen für die besten Firmen im Luxusgütersektor sind über die nächsten drei bis fünf Jahre mindestens 15 Prozent jährlich.
Was ist Ihr Szenario für den Schweizer Franken?
Der Nutzen und die potentiellen Kosten eines definierten Währungsziels stehen in den Sternen. Interventionen am Devisenmarkt waren in der Vergangenheit nur erfolgreich, wenn global koordiniert eingegriffen wurde und die Fundamentaldaten sowieso reif für eine Trendwende waren und last but not least der Devisenmarkt technisch überverkauft war.
«Mein Vater hat mich den Respekt vor der Geschichte gelehrt»
Der Schweizer Franken bleibt fundamental stark, angesichts der hoch verschuldeten westlichen Industrienationen und auf Grund des Abwertungswettlaufs zwischen dem Dollar und Euro.
Ihr Vater, der emeritierte Wirtschaftsprofessor Walter Wittmann, erweist sich seit langem als nahezu genialer Prognostiker was die grossen globalen Wirtschafts- und Konjunkturtrends anbelangt. Was haben Sie von ihm gelernt?
Den Respekt vor der Geschichte!
Die in Zollikon bei Zürich domizilierte Dynapartners AG wurde im Juni 2009 von Beat Wittmann (Bild), Martin Hüppi, Daniel Kornmann, Giovanni Miccoli und Gerhard Niggli gegründet. Zuvor machte der Sohn des angesehenen und heute emeritierten Wirtschaftsprofessors Walter Wittmann eine lange Karriere bei der Clariden Bank, bevor er für eine kurze Zeit bei der Julius Bär Gruppe anheuerte. In der Folge machte er sich selbständig.
Dynapartners ist keine Bank. Das Unternehmen bietet vielmehr Vermögensverwaltung für vermögende Privatkunden, Family Offices und Institutionelle. Aktuell beschäftigt Dynapartners ein gutes Dutzend Personen. Ein zweites Büro unterhält Dynapartners in Genf, das der frühere Clariden-Bank-Präsident Alex Hoffmann führt.