Dario Item ist ein Mann mit vielen Hüten. Als Anwalt von geschädigten Investoren der Credit Suisse und Herausgeber der obskuren «Antigua News» ist der Anwalt zu einer Schlüsselfigur im Tauziehen rund und den Milliardenabschreiber auf Pflichtwandelanleihen der Krisenbank avanciert.
Wenn es um die neusten Verwerfungen in den Teppichetagen der Finanzwelt geht, ist die «Financial Times» für gewöhnlich früh informiert. Auch am hiesigen Bankenplatz gilt es als gängige Taktik, die Märkte via die britische «Finanzbibel» auf tiefschürfende Neuigkeiten vorzubereiten.
Hervorragend dokumentiert
Doch in der brisanten juristischen Auseinandersetzung rund um Pflichwandelanleihen (AT1-Bonds) der Credit Suisse (CS) angeht, bei der knapp 16 Milliarden Franken für die Parteien auf dem Spiel stehen, musste sich das britische Blatt wiederholt von den obskuren «Antigua News» überrunden lassen: Eins ums andere Mal berichtete das News-Portal auf der Karibikinsel, das ausserhalb des Eilands kaum jemand kennt, schneller und vor allem hervorragend dokumentiert zu den Verhandlungen.
So auch diese Woche wieder. Wie auch finews.ch – später – vermeldete, hat das Portal Auszüge aus einem Brief öffentlich gemacht, den die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) vergangenen März an das Bundesverwaltungsgericht in St.Gallen schickte. Dort wird die Beschwerde von Hunderten Investoren verhandelt, die durch den von der Finma am 19. März 2023 verfügten Abschreiber auf den AT1-Anleihen der CS betroffen sind.
Finma argumentierte mit Schutz der Steuerzahler
Dem Bericht zufolge hat sich die Aufsicht in dem Brief dagegen gewehrt, Dokumente zur Massnahme von jenem Märztag den Beschwerdeführern zugänglich zu machen. Dabei argumentierte die Finma auch mit einem möglichen Schaden für Schweizer Steuerzahler, wenn diese Informationen insbesondere an ausländischen Gerichten genutzt würden.
Bei den AT1-Investoren kam das Ansinnen der Finma schlecht an, wie auch im Bericht von «Antigua News» deutlich wurde. Die Emotionen kamen dabei aus erster Hand: der Verleger der Webseite ist Dario Item, ein Tessiner Anwalt, der unter anderem auch AT1-Anleger vertritt, wie er auf Anfrage bestätigt. Zu den Auszügen aus dem Finma-Brief sei er über sein Netzwerk gekommen, erklärt Item – er schreibt die Berichte zur CS jeweils selber.
Botschafter von Antigua und Barbuda
Zu «Antigua News» kommt Item dabei durch einen der vielen Hüte, die er beruflich auf hat. So wirkt der 51-jährige Jurist als Botschafter der Karbikinseln Antigua und Barbuda in Spanien, dem Fürstentum Monaco und dem Fürstentum Liechtenstein; dies neben seiner Praxis als Anwalt der Kanzlei I&P Law Office in Lugano TI.
In Milliardenfall um die CS-Pflichtwandler wirkt er als Einzelmaske neben internationalen Grosskanzleien wie Quinn Emanuel und Pallas – und doch schafft Item es auch hier, die Kollegen vor sich her zu treiben. «Antigua News» ist bei diesen längst zur Pflichtlektüre avanciert.
Seine bissigen Artikel spickt der gebürtige Neapolitaner jeweils mit Auszügen aus Dokumenten, was die Finma wie auch die Grossbanken UBS und CS schon mehrmals in Verlegenheit zu bringen drohte.
Zum Warten verdammt
Was die Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht angeht, ist aber auch der umtriebige Item zum Warten verdammt.
Es sei schwierig, Prognosen zu machen, wenn sich die Instanz zum Fall äussern wird. «Soweit ich weiss, hat das Gericht den Parteien auch noch nicht die vollständigen Beschwerdeantworten der Finma und der CS/UBS zukommen lassen, obschon diese letztes Jahr eingereicht wurden», sagt der Anwalt. «Ich wäre also schon sehr froh, wenn wir die vollständigen Antworten erhielten.»