Die Genfer Privatbank sieht sich wegen eines Geldwäschereiverfahrens in Italien mit einer Blockade konfrontiert. Das ist aber nur ein Bereich, mit dem die Eigner der Banque Cramer zu kämpfen haben.
Massimo Esposito, Präsident und Mehrheitseigentümer der Banque Cramer, hat dieser Tage Sorgen genug. Denn seine Bank ist nicht nur operativ gefordert, wie sich aus dem Bericht zur abgelaufenen ersten Jahreshälfte herauslesen lässt. Wie sich zeigt, ist das Genfer Institut auch mit Rechts- und Führungsfragen konfrontiert, die weiterhin einer Lösung harren.
So berichteten italienischen Zeitungen, wie auch kürzlich der Westschweizer Blog «Gotham City» (Artikel bezahlpflichtig), über einen Verfahren in Italien, dass für Cramer bereits unangenehme Folgen gezeitigt hat.
Massnahme von Gericht bestätigt
Wie berichtet wird, bezichtigen die italienischen Behörden das Geldhaus, Kunden bei der Umgehung des Automatischen Informationsaustauschs (AIA) geholfen und in der Folge Gelder gewaschen zu haben. Die Vorwürfe gehen auf die Zeit zwischen den Jahren 2010 und 2018 zurück, sind also durchaus neueren Ursprungs.
Im Zusammenhang mit dem Fall liess ein italienisches Gericht bereits mehr als 20 Millionen Franken an Eigenkapital bei Cramer blockieren; laut dem Bericht des Blogs hat nun ein Kassationsgericht im südlichen Nachbarland die Massnahme nochmals bestätigt. Zu den diversen Fragen von finews.ch wollte sich die Bank nicht äussern.
Strategisch eingschränkt
Die Eigenkapital-Blockade stellt zwar keine unmittelbare Gefahr für das Institut dar. Die regulatorisch erforderliche Kapitalausstattung ist weiterhin vorhanden. Jedoch schränkt die Massnahme den strategische Spielraum des Instituts ein; so dürfte es Cramer künftig schwer fallen, eigene Aktien als Zahlmittel für eine Übernahme einzusetzen.
Das ist kein geringes Handicap. Banque Cramer hatte sich in der Vergangenheit als Konsolidierin im Swiss Private Banking hervorgetan und etwa im Jahr 2014 die Zürcher Valartis Bank und 2018 den Luganeser Vermögensverwalter A.M.&C. Finance erworben.
Kein Interim-Chef
An diese Vergangenheit anzuknüpfen, ist aber auch deshalb schwierig, weil die Führung der Bank derzeit in der Schwebe hängt. So berichtete finews.ch zuerst, dass der am Zürcher Finanzplatz bestens bekannte CEO Erich Pfister das Unternehmen verlässt. Er befindet sich ebenso wie der operationelle Leiter (COO) Marc Balma im «Garden leave».
In der Öffentlichkeit wurde bis anhin kein Interim-Chef kommuniziert. Es ist daher davon auszugehen, dass Cramer von der übriggebliebenen Geschäftsleitung gelenkt wird und Präsident Esposito eine nochmals aktivere Rolle beim Geldhaus einnimmt.
Gustav Stenbolt mit im Boot
Er dürfte dabei vom in Deutschschweizer Finanzkreisen ebenfalls bekannten Financier Gustav Stenbolt unterstützt werden. Dieser hält seit dem Verkauf der Valartis Bank an Cramer einen Anteil an Norinvest, Espositos Beteiligunsgfirma, der die Banque Cramer zu 100 Prozent gehört.
Stenbolt sitzt auch im Verwaltungsrat von Norinvest; ebenfalls im Gremium vertreten ist Marco Netzer, der ehemalige Präsident des Schweizer AHV-Ausgleichsfonds, heute Compenswiss.