Reiche Russen haben offenbar noch andere Sorgen als nur den Krieg in der Ukraine. Nachdem schon die Scheidung des schwerreichen Ehepaars Burlakov hierzulande hohe Wellen schlug, müssen sich die Schweizer Gerichte nun mit einem nicht minder komplexen Erbschaftsstreit befassen, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Der Name Leo Trust Switzerland ist in der Schweizer Anwalts-Szene ein fester Begriff. Ein Heer von Juristen wurde im Zusammenhang mit dieser Zürcher Firma bereits aufgeboten. Dies, weil dem Unternehmen eine zentrale Rolle in der Kampfscheidung zwischen dem russischen Unternehmer Oleg Leonidovich Burlakov und seiner damaligen Ehefrau zukam – ein Rosenkrieg, dem auch die Boulevard-Presse eifrig folgte.
Auch finews.ch berichtete vor anderthalb Jahren über den komplexen Fall. Burlakov wurde bezichtigt, sein Vermögen verschleiert zu haben, um seine Frau zu umgehen.
Mehrere Milliarden Franken
Die Lage für schwerreiche Russen hat sich mit dem Ukraine-Krieg nun erheblich verdüstert. Russische Gelder und Vermögenswerte in der Höhe von 5,75 Milliarden Franken wurden gesperrt, wie am (gestrigen) Donnerstag bekannt wurde.
Auch wer nicht von Sanktionen betroffen ist, darf keine Summen von mehr als 100’000 Franken bei Schweizer Banken mehr deponieren. Der umschwärmten Klientel von einst begegnet die Finanzbranche nun mit Misstrauen.
Komplex und unerbittlich
Der im Ölgeschäft reich gewordenen Burlakov erlebt dies nicht mehr. Er ist im vergangenen Juni an den Folgen einer Covid-Erkrankung verstorben. Seither hat sich der Rosenkrieg der Burlakovs in einen international geführten Erbstreit verwandelt. Dieser nimmt sich nicht minder komplex und unerbittlich aus; das umso mehr, als der Streitwert laut Kennern der Materie deutlich gestiegen ist.
Standen bei der Scheidung rund 1 Milliarde Dollar zur Debatte, geht es Schätzungen zufolge nun um deutlich mehr als 3 Milliarden Dollar. Die Forderungen zielen dabei auch auf international gehaltene Vermögenswerte, unter anderem die bekannte Jacht des verstorbenen Oligarchen, die «Black Pearl».
Ex-Frau und Geliebte ziehen am gleichen Strang
In der juristischen Auseinandersetzung, die bisher hauptsächlich in Monaco, aber auch in der Schweiz ausgetragen wird, sind einerseits die Ex-Frau und ihre beiden Töchter aus der Ehe mit Burlakov Partei. Sie – eine Ukrainerin – und die gemeinsamen Kinder sind gemäss einem Testament nach kanadischem Recht die Erben des Vermögens, wie es heisst.
Als erbberechtigt gilt eine weitere Tochter, die der Verstorbene mit einer Freundin hatte. War die Geliebte einst noch Auslöser für die Scheidung gewesen, unterstützt sie nun offenbar die Ex-Frau.
Ebenfalls geniesst diese Seite offenbar die Hilfe des Verwaltungsrats-Präsidenten von Leo Trust, einem langjährigen Berater und Vermögensverwalter Burlakovs. Wie finews.ch berichtete, lag der Treuhänder im Jahr 2020 noch im Streit mit der einstigen Ehefrau des Oligarchen. Mehrere Anfragen in seine Richtung blieben unbeantwortet.
Umstrittene Unterlagen
Auf der anderen Seite haben die Schwester und der Schwager des Verstorbenen Anspruch auf die Erbschaft angemeldet. Sie sollen über ein handschriftliches Testament verfügen, dass sie als alleinige Erben bestätigt. Burlakov und sein Schwager kannten sich aus früheren Unternehmungen im Rohstoff- und Baustoff-Business. Das Ehepaar hat seinen Wohnsitz in Monaco.
Sie streiten in der Schweiz unter anderem um Unterlagen, die der Leo-Trust-Präsident an die Ex-Frau von Burlakov weitergegeben haben soll. Darum wurde gegen den Treuhänder eine superprovisorische Verfügung verhängt, die aber vom Kantonsgericht in Zug kürzlich abgewiesen wurde. Dies, da die Übergabe der Dokumente bereits stattgefunden hatte und die Massnahme nicht mehr zielführend war. Das Ehepaar behält sich weitere Rechtsschritte gegen den Treuhänder und dessen Unternehmen vor, wie zu vernehmen war.
Wem gehört Edelweiss?
Auch die Partei um die Ex-Frau ist nicht untätig geblieben. Sie erreichte im vergangenen Juli die Versiegelung des Nachlasses von Burlakov vor dem Bezirksgericht Zürich. Darunter fallen auch die Vermögenswerte der Firma Edelweiss Investments. Eine Struktur, die einst via Leo Trust aufgesetzt worden waren.
Wie es heisst, sind unter anderem auch Vermögen bei einer grossen Schweizer Bank blockiert worden – während eine Genfer Privatbank noch Geldtransfers für die Partei um Schwester und Schwager vorgenommen haben soll. Die Partei der ehemaligen Frau des Verstorbenen bezichtigt die Gegenseite des Betrugs und der Aneignung von Vermögen aus dem Nachlass; in mehreren Ländern sind deswegen Strafverfahren hängig.
Mit dem Streit sind allein in der Schweiz mehrere Kanzleien beschäftigt. Es dürfte für die Anwälte noch einiges zu tun geben.