Die Deutsche Bank liegt quasi in Trümmern. Aber wie CEO Josef Ackermann das Institut gemanagt hat, ist eine grossartige Managementleistung – im Urteil eines renommierten Unternehmensberaters.
Warum das Glas als leer beschreiben, wenn es eigentlich voll ist? Warum eine am Boden liegende Deutsche Bank auch noch treten, wenn sie recht eigentlich eine der grössten Erfolgsstories der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte geschrieben hat?
Warum die gemachten Fehler, die Verstösse gegen Regeln, die Milliardenbussen, die Vernichtung von Aktionärswert, warum den Abgrund nochmals beschreiben, am Rande dessen die Deutsche Bank balanciert, wenn das Narrativ eigentlich ein ganz anderes ist? Nämlich eines, das Anerkennung verdient?
Anerkennung statt Tadel
Mit dieser Absicht hat sich Roland Berger, der auch in der Schweiz bestens bekannte Unternehmensberater, hingesetzt und in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Artikel bezahlpflichtig) seinen Standpunkt zur Lage der Deutschen Bank verfasst.
Dieser Standpunkt ist eindeutig: Die vergangenen 25 Jahre Investmentbanking der Deutschen Bank verdienen laut Berger Anerkennung statt Tadel. Besonders hebt Berger Ex-CEO Josef Ackermann hervor, der das Institut während zehn Jahren führte und zur drittgrössten Investmentbank der Welt formte. «Eine Management-Leistung, die höchste Anerkennung verdient.»
«Andere» Ursachen für Schieflage
Die aktuelle Lage des grössten deutschen Bankhauses sei darum nicht auf Strategie und Aktivitäten im Investmentbanking zurückzuführen, «sondern haben andere Ursachen». Welche das sind, verrät der Doyen der deutschen Unternehmensberater nicht.
Was Berger zur Belegung seiner These schreibt, ist keineswegs neu. Und doch reibt man sich die Augen.
Denn während die CEO der grössten Finanzinstitute der Welt – im übrigen auch der Chef der Deutschen Bank John Cryan – das Investmentbanking inzwischen durchaus auch kritisch betrachten und gewisse Einsichten gereift sind, scheint Berger als letzter Mohikaner noch eine Lanze für das weitgehend der Vergangenheit angehörende Hochrisiko- und Kasino-Banking brechen zu wollen.
Strategische Notwendigkeit
Der Eintritt ins amerikanisch dominierte Kapitalmarkt-Geschäft vor über 25 Jahren? Eine strategische Notwendigkeit, da das traditionelle Kreditgeschäft nicht mehr zukunftsfähig gewesen sei, argumentiert Berger. Aus ganz ähnlichen Gründen sind auch die Schweizer Grossbanken Credit Suisse und UBS ins immer globaler werdende Kapitalmarkt-Geschäft eingestiegen.
Die Verfehlungen, Misstritte, Regelverstösse, welche zu den Milliarden-Strafzahlungen führten? Genauso inakzeptabel wie teilweise überzogene Boni, räumt Berger ein, fährt dann aber fort: « Strategisch und operativ hat die Bank nichts anderes getan als die gesamte Branche». Ausserdem liege die Deutsche Bank mit ihren Strafzahlungen nur im Mittelfeld.
Die anderen waren schlimmer
Das ist die bekannte Argumentationslinie, welche auch Schweizer Grossbanken-CEO vertreten haben: Die anderen waren noch viel schlimmer.
Natürlich darf auch der obligate Hinweis auf die Gewinnkraft des Investmentbanking in Bergers «Standpunkt» nicht fehlen. Wobei Berger grosszügig darüber hinweg sieht, dass dem Deutsche-Bank-Aktionär die Krümel dieser Gewinne überlassen worden sind, während sich Händler und Manager wie Ackermann & Co. daran mehr als schadlos gehalten haben.
Rufpflege in eigener Sache
Wer nur ein wenig über das Beziehungsgeflecht Roland Berger und der Deutschen Bank Bescheid weiss, ist ob das Lobgesangs auf Ackermann Manager-Leistung nicht sonderlich überrascht. Berater und Banker bildeten über Jahre hinweg ein eng befreundetes Gespann.
Wenn der Strategieberater Berger hier die Strategie der Deutschen Bank unter Ackermann lobt, betreibt er auch Rufpflege in eigener Sache.