Die Banken forcieren derzeit ihr Beratungsangebot. Umso dringender stellt sich die Frage, was dies dem beratenen Kunden eigentlich nützt. Der Vermögensverwalter Vanguard glaubt, den Mehrwert erstmals errechnet zu haben.

Was gratis war, kostet jetzt. Und was einst kostete, ist inzwischen gratis. Auf diese einfache Formel lässt sich die Vermögensverwaltung in der Post-Retrozessions-Ära reduzieren.

Aber natürlich ist dieser Wandel für die Banken alles andere als einfach. Weil sie ihre Dienste nicht mehr über die Retrozessionen der Finanzprodukte-Verkäufer finanzieren dürfen, müssen sie sich das Geld beim Kunden holen – indem sie für Beratung Geld verlangen.

Schluss mit Gratis

Das birgt Schwierigkeiten zuhauf. Nicht nur, weil das Gratisgut Beratung plötzlich etwas kostet. Sondern weil es seitens der Banken so klingt, als hätten sie vorher alles andere getan als beraten. Die aktuelle Credit-Suisse-Werbung zum neuen Angebot Invest spricht Bände: «Endlich bekomme ich, was ich von einer Anlageberatung erwarte.»

Ganz zu schweigen von den organisatorischen und strukturellen Umstellungen, die ein standardisiertes und Social-Media-fähiges Beratungs-Instrument bankintern nach sich zieht. Sowohl die Grossbank UBS mit ihrem Angebot Advice als auch die Erzrivalin Credit Suisse (CS) mit CS Invest benötigten dazu Jahre der Vorbereitung.

Was sich lohnt

Und ganz am Schluss stellt sich sowohl für die Banken wie auch für die Kunden die Frage: lohnt sich das überhaupt?

Eine mögliche Antwort auf diese Frage kommt nun ausgerechnet von einem Asset Manager: von der auf preisgünstige Index-Fonds spezialisierten Vanguard. Die amerikanische Finanzfirma, die auch in Zürich eine Niederlassung unterhält, rechnet seit 2001 an einer Formel, um den Wert von Beratung für den Kunden zu erfassen.

Jagd nach dem Alpha

An einer Konferenz in Zürich vom Mittwoch präsentierte Vanguard nun das Resultat.Tatsächlich errechneten die Vanguard-Experten aufgrund von Daten aus den USA, Grossbritannien und Australien eine jährliche Mehrrendite, die Anleger ohne professionelle Beratung nicht erzielen würden.

Vanguard nennt dies das «Adviser’s Alpha», in Anlehnung an das Ziel jedes aktiven Anlegers.

Professionell ist dabei das Stichwort. Vanguard zufolge sollte eine Vermögensberatung nicht weniger als sieben Elemente enthalten. Diese leisten je einen unterschiedlichen Anteil zum gesamten Beratungsgewinn:

  • Vernünftige Vermögens-Allokation: Die langfristige Verteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen leistet laut Vanguard den wichtigsten Beitrag zur Performance. Dabei sei auch auf simple Bauweise und günstige Finanzprodukte zu achten. Beratungsgewinn: Stark schwankend, keine eindeutige Messung.

  • Rebalancing: Um die Risiken im Portefeuille unter Kontrolle zu halten, empfiehlt Vangaurd ein regelmässige Anpassung auf die ursprünglich definierte Allokation hin. Beratungsgewinn: 0 bis 43 Basispunkte.

  • Minimierung der Gebühren: Das erklärte Lieblingsthema von Vanguard ist die Vermeidung von Kosten. Dort sehen die Amerikaner die wesentliche Stütze für jegliche Performance. Beratungsgewinn: 45 bis 92 Basispunkte.

  • Coaching des Anlegerverhaltens: Bei turbulenten Börsen ist es die oberste Aufgabe des Beraters, den Kunden an den zusammen erarbeiteten Langfristplan zu erinnern. Damit können laut Vanguard signifikante Einbussen vermieden werden. Beratungsgewinn: 150 Basispunkte.

  • Steueroptimierung: Eine weitere Möglichkeit, Kosten zu sparen. Allerdings nicht unumstritten. Beratungsgewinn: 0 bis 75 Basispunkte.

  • Vermögensverwendung: Insbesondere im Vorsorge-Zusammenhang ein entscheidendes Element. Beratungsgewinn: 0 bis 70 Basispunkte.

  • Stete Erträge: Im Tiefzinsumfeld werfen zahlreiche Anlageklassen zu wenig ab, um den angepeilten Vermögenszuwachs zu erreichen. Statt einfach die Risiken zu erhöhen, sollte eine Strategie gewählt werden, die den Elementen 1 bis 6 Rechnung trägt. Beratungsgewinn: Stark schwankend, keine eindeutige Messung.

Insgesamt errechnet Vangaurd aus diesen sieben Elementen einen jährlichen Beratungsgewinn von rund 3 Prozent.

Dieser (allzu) sauber scheinenden Zahl schicken die Vanguard-Experten indes gleich eine Warnung hinterher: Dass nämlich die Früchte einer professionellen Beratung nicht gleichmässig anfielen, und meist etwa in Krisen geerntet werden können.

Am Vertrauen hängt alles

Und dies auch nur dann, wenn ein regelmässiger Kontakt zum Kunde bestehe. Denn ansonsten höre dieser dem Berater genau dann nicht zu, wenn es an den Märkten brennt.

Der Faktor Vertrauen, das zeigt sich einmal mehr, ist notorisch schwierig zu berechnen.