SVV-Präsident Stefan Mäder: Altersvorsorge braucht Neustart

Der Schweizerische Versicherungsverband feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen. Der Verbandspräsident will aber eher in die Offensive gehen und nach vorne schauen, als in Nostalgie zu schwelgen. Die Verteidigung der marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sei dabei ein zentrales Anliegen.

Der Schweizerische Versicherungsverband SVV hat sich vorgenommen, in der Öffentlichkeit etwas lauter zu werden und präsenter zu sein. An der Jahresmedienkonferenz nannte der Präsident des Branchenverbandes gleich eine Reihe von Entwicklungen und Themen, bei denen man mehr mitmischen will.

«Die Versicherungsbranche ist ein wichtiger Faktor für die Stabilität und Sicherheit in diesem Land», sagte Stefan Mäder (Bild unten). Man übernehme finanzielle Risiken für die vielen KMU und wenigen Grossunternehmen, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger. Zudem sei man ein wichtiger Baustein für ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachhaltigkeit.

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«Für das Jubiläumsjahr haben wir uns vorgenommen, uns profiliert in den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskurs einzubringen», sagte Mäder weiter, der auch Verwaltungsratspräsident der Mobiliar ist.

Und die Liste der für die Branche relevanten Themen ist nicht gerade kurz. Das reicht von der Altersvorsorge, den Plänen zur Sanierung des Bundeshaushalts bis hin zum Umgang mit der Versicherbarkeit von Grossschäden wie etwa Erdbeben.

Komplexität erschwert faktenbasierte Diskussion

Das Ergebnis der Abstimmung zur BVG-Reform im vergangenen September habe der Versicherungswirtschaft zu denken gegeben. «Der Abstimmungskampf war von Verunsicherung und Desinformation geprägt», findet Mäder. Man habe gesehen, dass das Stimmvolk vorsichtig sei, wenn es um Änderungen an einem geschätzten und bewährten System gehe. Eine faktenbasierte Diskussion sei angesichts der Komplexität der Materie schwierig. Hier sei der SVV gefordert, das Wissen in der Schweizer Bevölkerung zu stärken.

Wie genau der Neustart aussehen soll, beantwortet der Verband jedoch nicht. Das bestehende Drei-Säulen-System soll auf jeden Fall erhalten bleiben. «Mit einer Senkung des Umwandlungssatzes ein viertes Mal vors Volk zu gehen, macht keinen Sinn» sagte SVV-Direktor Urs Arbter.

Der Bund hat ein Ausgabenproblem

Strikt abgelehnt wird dabei auch die geplante steuerliche Mehrbelastung der 2. und 3. Säule, wie es im Entlastungspaket des Bundesrates vorgesehen ist. «Der Bund hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem», betonte Mäder.

Mit einer höheren Besteuerung würden die Anreize für eine eigenverantwortliche Altersvorsorge geschwächt und für die heutigen Sparer die Spielregeln nachtäglich geändert. «Das verstösst gegen den Grundsatz von Treu und Glauben», lautet der Vorwurf von Mäder. Die Ablehnung werde man in der Vernehmlassung klar und deutlich zum Ausdruck bringen.

Mehr statt weniger Marktwirtschaft

Laut Mäder brauche es auch im Gesundheitswesen eher mehr als weniger Marktwirtschaft. Dabei spiele auch die private Krankenzusatzversicherung eine Rolle und soll mehr Gewicht erhalten. Mit ihr könnten Versicherte auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. Zudem setzt sie wirtschaftliche Anreize für Effizienz, die Innovation und Investitionen fördern können.

Erdbebenrisiken den Versicherungen überlassen

Und noch ein weiteres Vorhaben des Bundesrates reizt den SVV. Die Pläne der Politik, für Erdbebenschäden eine Eventualverpflichtung einzuführen, werden als «falschen Ansatz»bezeichnet.

Damit soll der Bund zur Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden die Kompetenz erhalten, im Fall eines Erdbebens mit Schadenfolgen von den Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern in der Schweiz einen zweckgebundenen Beitrag zu erheben.

Diesen Bereich will der Verband nicht einer Absicherung durch die Allgemeinheit überlassen. «Das Erdbebenrisiko ist ein sehr gut versicherbares Risiko, das als Versicherungssparte weltweit etabliert ist, sagte SVV-Vorstandsmitglied Clemens Markstein, der zudem CEO von Baloise Schweiz ist.

Risikobewusstsein fehlt

Dem Erdbebenrisiko werde in der Schweiz zu wenig Beachtung geschenkt. Dazu hat der Verband zusammen mit Sotomo eine Studie erarbeitet. Demnach beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Erdbebens der Magnitude 5 bis 6 auf der Richterskala in den kommenden 50 Jahren 80 Prozent.

Laut einer Umfrage rangiert dieses Risiko im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger jedoch weit hinter anderen Elementar-Bedrohungen wie etwa Erdrutschen, Hochwasser oder Unwettern. Nur 23 Prozent der versicherbaren Gebäudewerte seien tatsächlich gegen Erdbeben abgesichert, betonte Markstein.

Die Einführung einer Eventualverpflichtung sei eine «Scheinlösung, deren Durchsetzbarkeit im Schadenfall nicht gegeben sei», sagte Markstein weiter.

«Die Versicherungswirtschaft muss sich frei weiterentwickeln können, um ihre Rolle als stabilitätssichernde und innovationsfördernde Branche auch in Zukunft optimal wahrzunehmen», betonte Mäder abschliessend.