Die Schweizer Inlife-Gruppe hat sich als diskreter Verwalter und Abwickler von Versicherungsmänteln einen Namen gemacht. Jetzt wittert sie den idealen Moment für einen Wachstumssprung.
Die Transaktion erregte minimales Aufsehen, obwohl es sich um einen Eklat handelte: Im Februar verfügte die Liechtensteinische Finanzmarktaufsicht (FMA) die zwangsweise Übertragung von zwei Policenbeständen an Skandia Leben, eine Liechtensteiner Tochter der in Zürich domizilierten Inlife-Gruppe.
Dabei handelte es nicht um «Peanuts». Die FMA war von einem grossen Betrugsfall im Umfeld der damaligen Versicherungsgeber aufgeschreckt worden, wie die «NZZ» berichtete. Bei den Policen handelte es sich um Lebensversicherungs-Mäntel von rund 3'000 Versicherten, in die Vermögenswerte von 3,6 Milliarden Franken «verpackt» waren.
Erfahrener Abwickler
Solche «Wrapper» waren in den Nullerjahren ein Boomgeschäft, kamen nach der Finanzkrise aber ins Visier ausländischer Behörden. Denn manche Kunden hatte die Konstrukte genutzt, um Steuern zu hinterziehen. Entsprechend verabschiedeten sich die meisten Assekuranzfirmen aus dem Markt – bis auf einige wenige Unternehmen, die sich auf die Verwaltung und Abwicklung der Policen, das so genannte «Runoff», spezialisierten.
Unter diesen diskreten Wrapper-Schluckern zählt die Inlife-Gruppe zu den erfahrensten. Sie hat seit 2013 fünf Lebensversicherungs-Bestände aus der Schweiz und dem Fürstentum übernommen; darunter jene der Liechtensteiner Aspecta und von UBS Life in der Schweiz. Mit der jüngsten «Zwangszuteilung» durch die FMA kletterten die Vermögenswerte bei der Tochter Skandia Leben auf 5,6 Milliarden Franken.
Mit U+ nach Osteuropa
Dieser Wachstumsschub ist mit dafür verantwortlich, dass die Dinge bei der Inlife-Gruppe nun in Bewegung geraten. Der Lebensversicherer aus Zürich mit Einheiten in Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland ändert seinen Namen in Insurevolution und erweitert ihren Aktionsradius über das Runoff-Geschäft hinaus. Das neue Unternehmen wird mit 150 Mitarbeitenden einen Bestand von 250'000 Lebensversicherungen und 15 Milliarden Franken Vermögen verwalten.
Ab Mitte März wird das Geschäft mit den Lebensversicherungs-Mänteln unter der Marke U+ vorangetrieben, die Namen Skandia und Aspecta in Liechtenstein verschwinden. Dabei ist durchaus Wachstum geplant: Die Vermögen wohlhabender Kunden nehmen weltweit zu, wie die Gruppe feststellt.
Der neue Brand U+ wird auch bald in Tschechien und Slowakei auftauchen. Dort hat die Gruppe das Geschäft der Schweizer Konkurrentin Baloise (Basler) samt 50'000 Policen aufgekauft. Mit dem grünen Licht der dortigen Regulatoren soll eine völlig neue Einheit starten. Diese wird allerdings klassische Produkte zur Risikodeckungen wie Tod, Invalidität und Krankheit sowie fondsgebundene Sparpläne anbieten.
In Deutschland wiederum ist Insurevolution mit der Ende letzten Jahres übernommenen Mylife unterwegs, einem Lebensversicherer, der mit günstigen Konditionen punktet.
Rückzug der Grossen
«Wir beobachten schon seit einiger Zeit eine von den grossen Akteuren getriebene Konsolidierung und Fokussierung im Lebensversicherungs-Geschäft. Damit werden immer mehr Nischen für spezifische Bedürfnisse frei», sagt Präsident Martin Vogl. Und in diese will die Insurevolution-Versicherungsgruppe mit ihren Investoren nun aktiv vorstossen. Dazu sind sie auch bereit für weitere Akquisitionen.
Die Fäden beim Vorstoss hält letztlich der in Zürich wohnhafte Klaus Mutschler in der Hand. Mutschler hatte sich als Gründer der deutschen Cash.Life um die Jahrtausendwende einen Namen mit der Idee gemacht, «gebrauchte» Lebensversicherungen aufzukaufen. Über die Jahre wuchs daraus eine Geflecht von Beteiligungen und Firmen, unter ihnen der Zürcher Vermögensverwalter Swiss Rock Asset Management, der von Ex-Julius-Bär-Fondschef Roman von Ah geführt wird. An der neuen Insurevolution hält Mutschler als Hauptaktionär 85 Prozent.
Rückversicherungs-Riese und Schnellboote
Im Runoff-Business spannte dieser schon zuvor mit dem viertgrössten Rückversicherer der Welt zusammen, mit der deutschen Hannover Re. Dies wird nun bei Insurevolution erneut der Fall sein: Die Hannover Re hält die übrigen 15 Prozent an der Lebensversicherungs-Gruppe.
Trotz neuer Namen und neuer Form will das Unternehmen weiterhin offen für Allianzen bleiben, wo sich diese bieten. «Wir wollen keine einengenden Strukturen und Prozesse aufbauen, wie sie zur Steuerung von Konzernen notwendig sind», betont Päsident Vogl. Ihm schwebt vielmehr auch künftig eine «Gruppe von Schnellbooten» vor.