Für die rund 200'000 Beschäftigten in der Schweizer Finanzbranche wird das Prestige in den nächsten fünf Jahren weiter sinken. Ebenso tun es die Gehälter. Für 2012 hat jeder fünfte Banker keinen Bonus erhalten, wie aus der 2. Umfrage von finews.ch und der Kommunikationsagentur Communicators hervorgeht.
Gut drei Viertel aller Befragten, konkret 76 Prozent, gehen davon aus, dass der variable Lohnbestandteil (Bonus) in den nächsten fünf Jahren weiter sinken wird. Im Vorjahr fanden dies nur 55 Prozent der Umfrageteilnehmer.
Aber auch die Fix-Gehälter dürften nach Einschätzung von 47 Prozent der Befragten bis 2018 entweder leicht (38,6 Prozent) oder gar drastisch (8,2 Prozent) sinken. Im Vorjahr lagen diese Werte noch bei insgesamt 54 Prozent – mit Anteilen «leicht sinkend» von 42 Prozent und «drastisch sinkend» von 12 Prozent.
Attraktivität auf tiefem Niveau
Dies sind Erkenntnisse aus der 2. Online-Befragung über die Berufsaussichten in der Finanzbranche. Die Erhebung haben das Schweizer Branchenportal finews.ch sowie die Kommunikationsagentur Communicators bei mehr als 500 Beschäftigten im Schweizer Finanzsektor durchgeführt.
Vor diesem Hintergrund ist wenig verwunderlich, dass die Attraktivität der Finanzberufe auf tiefem Niveau verharrt. Total 43 Prozent (Vorjahr: 53 Prozent) der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass das Prestige der Berufe in Banken und Versicherungen in den nächsten fünf Jahren weiter zurückgehen wird.
Fast ein Drittel, nämlich 31 Prozent der Befragten, würden einem Schulabgänger nicht mehr empfehlen, in die Finanzbranche einzusteigen. Im Jahr 2012 waren es noch 35,6 Prozent gewesen.
Grosse Karrierechancen für Kontrolleure
Wer trotzdem noch in die Finanzbranche einsteigen will, findet gemäss Umfrage die besten Karrierechancen im Bereich «Legal & Compliance», wie 75,2 Prozent der Befragten erklärten. Im Vorjahr waren es 71,7 Prozent gewesen. Attraktiv ist auch das Asset Management, also das Geschäft mit institutionellen Kunden wie Pensionskassen, Versicherungen und Fondsgesellschaften, wie 51 Prozent der Umfrageteilnehmer sagten. Im Vorjahr waren es erst 33,3 Prozent gewesen.
Mitbringen sollte man dabei «spezialisiertes Fachwissen», wie 61,6 Prozent (im Vorjahr: 62,8 Prozent) der Befragten erklärten. Ebenso wichtig sind für 58,8 Prozent (im Vorjahr: 54,4 Prozent) der Umfrageteilnehmer «fundierte Sprachkenntnisse» grosser europäischer Sprachen wie Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch, aber auch «Networking-Fähigkeiten mit 55,8 Prozent Nennungen (im Vorjahr: 52,5 Prozent) sowie «juristisches Fachwissen, wie 55,8 Prozent (im Vorjahr: 50 Prozent) der Teilnehmer erklärten.
Militär kein Thema mehr
Nur noch 4 Prozent der Nennungen entfallen auf eine «militärische Offiziersausbildung» (im Vorjahr: 3,8 Prozent) und auch die heute viel gepriesene «Social-Media-Kompetenz» liegt mit 16 Prozent (im Vorjahr: unverändert) weit zurück.
Bei der Beurteilung der Karrierechancen fanden nur 11 Prozent (im Vorjahr: 8 Prozent) der Befragten, dass das Investmentbanking gute Möglichkeiten biete. Das Brokerage ist für 6 Prozent (im Vorjahrjahr 7,3 Prozent) der Umfrageteilnehmer noch attraktiv. Am Ende der Skala stehen Jobs in den rückwärtigen Bereichen (Backoffice) sowie in der Personalabteilung (Human Resources), wie 5 Prozent (im Vorjahr: 7,7 Prozent) respektive 4,4 Prozent (im Vorjahr: 6,3 Prozent) der Befragten fanden.
Studium der Paragraphen lohnt sich
Ideal für eine Karriere in der Finanzbranche ist heute ein Hochschulstudium der Rechtswissenschaft, auf das 54,8 Prozent (im Vorjahr: 45,6 Prozent) der Nennungen entfielen, oder für 51 Prozent (im Vorjahr: 44,2 Prozent) der Umfrageteilnehmer Fachhochschulabschlüsse in den Bereichen Compliance Management und Controlling.
Attraktiv bleiben für 48,8 Prozent (im Vorjahr 49,4 Prozent) der Finanzleute auch Zusatz- und Weiterbildungen wie CFA Programm oder für ein Eidgenössisches Diplom.
Nicht zu empfehlen
Allerdings bleibt der Einstieg in die Schweizer Finanzbranche schwierig, denn 66 Prozent (im Vorjahr: 78,9 Prozent) der Umfrageteilnehmer sind überzeugt, dass es in den nächsten Jahren weniger oder sogar drastisch weniger Arbeitsstellen geben wird. Unter diesen Prämissen stufen nur gerade 2,8 Prozent (im Vorjahr: 2,1 Prozent) der Befragten die Berufsaussichten als sehr gut ein.
Für 45,6 Prozent (im Vorjahr: 53,8 Prozent) der Finanzleute sind sie «mittelmässig», während 12,2 Prozent (im Vorjahr: 15,6 Prozent) gar finden, dass die Finanzbranche «nicht zu empfehlen» sei. Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Für 39,4 Prozent der Umfrageteilnehmer sind die Berufsaussichten «intakt», was einer Zunahme von gut 10 Prozentpunkten gegenüber 2012 entspricht.
Umfrage-Details
An der Umfrage beteiligten sich insgesamt 505 Personen, davon 86 Prozent Männer und 14 Prozent Frauen. Davon wiederum waren 20 Prozent zwischen 20 und 30 Jahre alt, 48 Prozent zwischen 30 und 45 Jahre, 28 Prozent zwischen 45 und 60 Jahre sowie 4 Prozent über 60 Jahre. Die Umfrage wird jährlich wiederholt.