Im Gegensatz zu den vielen gehypten Finanz-Startups schreibt das englische Geldtransfer-Fintech Transferwise zum wiederholten Mal einen satten Gewinn. Was ist das Erfolgsrezept dahinter?
Das britische Fintech Transferwise, das sich die Revolution des internationalen Peer-to-Peer-Geldtransfers auf die Fahne geschrieben hat, erzielt Gewinn. Bereits das dritte Jahr in Folge, heuer waren es umgerechnet 12,6 Millionen Franken (Vorjahr 6,8 Millionen Franken). Der Umsatz stieg um ganze 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf umgerechnet fast 220 Millionen Franken.
Dies ist dem Jahresbericht 2019 zu entnehmen, den das Unternehmen in der Nacht auf Mittwoch veröffentlicht hat.
Kundenstamm verdoppelt
Nicht Gewinn und Umsatz des Unternehmens sind sprunghaft angestiegen, sondern auch die Kundenzahlen: Inzwischen nehmen 6 Millionen Menschen weltweit die Dienste von Transferwise in Anspruch und versenden damit umgerechnet rund 7,4 Milliarden Franken pro Monat – eine Verdoppelung gegenüber Sommer 2018. Ausserdem begrüsst das Unternehmen jeden Monat 10'000 neue Geschäftskunden – darunter auch viele Schweizer.
Wie schafft es Transferwise, gewinnbringend zu wirtschaften, während die Konkurrenz wie zum Beispiel die Neobanken-Einhörner Revolut und N26 Monat für Monat haufenweise Geld verbrennen?
Vertrauen und Geld
Für Kristo Käärmann, CEO und Mitgründer von TransferWise, liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, ein Unternehmen aufzubauen, dem Kunden langfristig vertrauen: «Unsere Geschäftszahlen belegen, dass das TransferWise-Team diese Formel geknackt hat. Unsere goldene Kennziffer ist das Geld, welches unsere Kunden jedes Jahr durch unser kostengünstiges, transparentes Modell sparen.»
Die Summe, die Kunden jährlich dadurch sparen, dass sie ihr Geld via Transferwise anstatt mit einer klassischen Bank verschicken, beziffert das Unternehmen umgerechnet mit etwa 1,1 Milliarden Franken. Aber das ist nicht genug, so Käärmann: «Es sind noch Hunderte von Milliarden übrig. Aus diesem Grund steht die internationale Expansion weiterhin ganz oben auf unserer Agenda.»
So plant Transferwise, in den nächsten zwölf Monaten 750 neue Stellen weltweit, die zu den 1'700 Angestellten an bis jetzt zwölf Standorten dazukommen sollen. Seit der letzten Finanzierungsrunde, in der das Unternehmen weitere 292 Millionen Dollar gesammelt hat, wird es mit 3,5 Milliarden Dollar bewertet.
Lernunfähige Banken?
In Europa arbeitet Transferwise bisher mit BPCE Groupe zusammen, Frankreichs zweigrösster Bank, mit der britischen Neobank Monzo und mit obengenannter N26. Von klassischen Banken hält CEO Käärmann aber nicht besonders viel, wie er in einem Interview der «Neuen Zürcher Zeitung» (Artikel bezahlpflichtig) im Februar verriet.
Er hat vor der Gründung von Transferwise seine Erfahrungen beim Beratungsunternehmen Deloitte gesammelt: «Meine Aufgabe als Unternehmensberater war es, Banken bei der Modernisierung ihrer Prozesse zu beraten. Das war komplett nutzlos.» Denn diese Banken seien wirklich unfähig, effizienter zu werden. Grundsätzlich sei es zwar nicht unmöglich, Banking vernünftig zu gestalten, das sei aber eine Frage der Firmenkultur. Doch es gebe bis jetzt nur wenige Banken, die sich als Tech-Unternehmen verstehen und auch entsprechend agieren.