Das sind sicherlich die richtigen Schritte. Das Problem von Raiffeisen, die angeschlagene Glaubwürdigkeit und die grosse Unruhe bei den Genossenschaften wie auch der Ärger und die Wut von Raiffeisen-Kunden, wird damit aber nicht gelöst.

Das Problem ist CEO Patrik Gisel. Der derzeitige Raiffeisen-Chef war und ist aktiver Teil der Ära Vincenz. Er war Verwaltungsratspräsident in den Raiffeisen-Vehikeln, die unter Vincenz gekauft worden waren, und über die sich sein Chef mutmasslich persönlich bereichert hat.

Vertrauen stellt Glaubwürdigkeit nicht wieder her

Er führte die Verhandlungen für den Kauf der Investnet. Er hinterfragte die Rolle Stockers bei Investnet nicht. Und er akzeptierte schliesslich den Preis von rund 100 Millionen Franken für den Kauf der zu diesem Zeitpunkt überschuldeten Beteiligungsgesellschaft ohne eine richtige Due Diligence durchgeführt zu haben. Dies geht aus dem Untersuchungsbericht von Deloitte hervor, aus dem die Medien zitieren.

Man muss Gantenbein glauben, wenn er sagt, die bisherigen Untersuchungen hätten gezeigt, dass Gisel zu keinem Zeitpunkt von den verdeckten Geschäften seines früheren Chefs gewusst habe. Es bleibt dem Verwaltungsrat darum wenig anderes übrig, als Gisel weiterhin das volle Vertrauen auszusprechen. Doch der Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit dient das nicht.

Gisel verkennt die Tatsachen

Gisel selber sieht sich nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung, was angesichts seiner aktiven Rolle in den Transaktionen und in den betreffenden Gesellschaften eine Verkennung der Tatsachen ist.

Es geht nicht mehr darum, ob Gisel von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen gewusst hat oder ob er selber daran beteiligt war. Dies herauszufinden, ist Sache der Ermittler. Es geht vielmehr darum, dass eine lückenlose Aufarbeitung der Vorkommnisse und ein tiefer Schnitt mit der Ära Vincenz nicht glaubwürdig vonstatten gehen kann, wenn mit Gisel ein CEO im Amt bleibt, der diese gesamte Ära begleitet und aktiv mitgestaltet hat.

Doppelrücktritt wäre problematisch

Es lässt sich aus bankenaufsichtsrechtlicher Sicht argumentieren, dass der gleichzeitige Rücktritt eines Verwaltungsratspräsidenten und eines CEO eine systemrelevante Bank wie Raiffeisen destabilisieren könnte.

Gantenbein versicherte vor den Medien, dass Rüegg-Stürms Rücktritt nicht auf Betreiben der Finma erfolgt sei, die nach wie vor ein Enforcement-Verfahren gegen Raiffeisen führt. Man kann nur spekulieren, was die Konsequenzen nach dem Abschluss dieses Enforcement-Verfahrens bei Raiffeisen sein werden. Ein Rücktritt Gisels dürfte dann niemanden mehr überraschen.