Der entscheidende Fehler passierte 1998. Der frühere geschäftsführende Partner der Bank Wegelin zog damals die falschen Schlüsse, wie er in einem Interview einräumt. Und er hat einen wichtigen Rat parat.
In der aktuellen Ausgabe der «Weltwoche» (online nicht verfügbar) äussert sich der ehemalige Wegelin-Kapitän Konrad Hummler über den Untergang der Bank. Er gesteht auch Fehler ein.
Ob es denn nach dem Absturz von Wegelin nun nicht besser wäre zu schweigen, statt wieder als wirtschaftspolitischer Kommentator aufzutreten, so eine Frage von Interviewer und Chefredaktor Roger Köppel.
Er habe fast anderthalb Jahre geschwiegen, so Hummler. Es sei eine schmerzhafte Zeit gewesen, in der es viel zu sagen gegeben hätte. Er schwieg allerdings nicht aus Selbstbeschränkung, sondern aus juristischen Gründen im Zusammenhang mit dem Verfahren in den USA. «Dieses Schweigen war ein besonderes Exerzitium für mich.»
Sanktionsmöglichkeiten der USA unterschätzt
Im Gespräch über Moral, Recht und Ordnung sowie über sein NZZ-Mandat räumt er auch Fehler ein. Der entscheidende Fehler passierte laut Hummler 1998, als die Affäre um die sogenannten nachrichtenlosen Vermögen ins Rollen kam. «Ich zog daraus die falschen Schlüsse.»
Mit der Aufarbeitung der Kundengeschichte übersah er das Entscheidende. «Erstens: Die grosse Entschlossenheit der amerikanischen Seite – Regierung wie NGOs – war bereits erkennbar, aber ich leitete daraus nicht ab, dass sich so etwas in anderem Zusammenhang wiederholen könnte. Zweitens: Schon damals erfuhren wir, dass das eigene Land einer vom Ausland bedrängten Bank keine Hilfe leistet. Dies allerdings empfanden wir als historisch einzigartige Episode. Hier lag der Grundfehler», so Hummler.
«Wir haben Rechtsarbitrage betrieben»
Doch er pocht darauf, dass sie sich stets auf den Rechtsstandpunkt gestellt haben und nach Schweizer Recht keine Regeln verletzt zu haben. Nur nach amerikanischem Recht hätten sie falsch gehandelt. «Wir haben uns vor dem US-Gericht in diesem Sinn als schuldig bekannt. Dem ist nichts hinzuzufügen.»
So streitet er im Interview auch keineswegs ab, dass eine Unterschätzung amerikanischer Machtmittel und strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten vorhanden war. «Der Atlantik vermittelte einen trügerischen Abstand, den es tatsächlich nicht gab», sagte Hummler.
Allerdings hielt der damalige Wegelin-Boss es für undenkbar, dass man als Bank auch rückwirkend kriminalisiert werden könne – dass also das, was jetzt auf einem bestimmten Territorium legal sei, später für illegal erklärt werden könne. «Hier liegt der Kern aller Fehler bei Wegelin.»
Moment der Frivolität
Es trugen aber laut Hummler neben Eigenfehler und einer Verkettung von Unglücksfaktoren aber auch äussere Gründe, Missgunst und Häme dazu bei. Nicht wegzureden bleibe allerdings: «(...) auch im Fall Wegelin war ein Moment der Frivolität vorhanden, der Selbstüberschätzung jener, die den Unfall am Ende ausbaden mussten», so Hummler.
Der wichtigste Rat, den er heute geben kann: «Es gibt keine Verlässlichkeiten. Eisberge lauern überall. Das Einzige, was zählt, sind ein paar wenige Freunde. Mehr nicht. »
Und letztlich werde der Mensch immer durch bestimmte Gläubigkeiten in die Irre geführt, so der gefallene Bankier. «In meinem Fall war es der Glaube an die Territorialität der Schweiz, an die Hoheit unseres Rechtsstaates auf seinem eigenen Gebiet.»