«Vorsorge aus der Gesamtperspektive» war Ende März 2011 das Thema einer Podiumsrunde der B+B Vorsorge in Bern. Ein Rückblick.  

Insbesondere ältere Menschen würden der finanziellen Altersvorsorge ein gewisses Misstrauen entgegen bringen, hiess eine Eingangsthese an dem Anlass der B+B Vorsorge vom 23. März 2011 in Bern.

So laute die wichtigste Frage von Pensionierten, die den Eintritt in eine Alterswohneinrichtung ins Auge fassen, ob das Geld reiche, erläuterte Beat Fellmann, CEO der Senevita AG. Die Frage der Finanzierung sei wichtiger als jene der Gestaltung des letzten Lebensabschnitts.

Sicherheit vermitteln

Martin Kaiser-Ferrari, der das Geschäftsfeld Alters- und Hinterlassenenvorsorge im Bundesamt für Sozialversicherungen leitet,  betonte, wie wichtig es sei, der Bevölkerung zu vermitteln, dass ihre Altersvorsorge sicher sei. Es gelte, wieder eine Gesamtperspektive einzunehmen, denn die Geschichte der Altersvorsorge in der Schweiz der letzten dreissig Jahre sei eine Erfolgsgeschichte. Was für Unsicherheit gesorgt habe, sei das vorübergehende Ausbleiben des dritten Beitragszahlers.

Olaf Meyer, Professor für Finanzen und Altersvorsorge an der Hochschule für Wirtschaft Fribourg, gab zu bedenken, dass der Anpassungsbedarf in der Altersvorsorge, der normal sei, oftmals als Kritik am Modell wahrgenommen werde.

Das Gute ist der Feind des Besseren

Obschon die Organisation verbesserungsfähig sei, dürfe das 3-Säulen-Modell nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr seien die Spar-, Leistungs- und Servicemöglichkeiten dahingehend zu prüfen, ob sie nötig und sinnvoll seien. Das Gute sei in dieser Hinsicht der Feind des Besseren, pflichtete Beat Fellmann bei.

Er empfinde die Vorsorgeträger als unflexibel und wünsche sich eine administrative Vereinfachung. So sei es wünschenswert, dass sich die Best Practice erfolgreicher Vorsorgeeinrichtungen durchsetze. Dem stehe entgegen, dass das System auf Bestand und nicht auf Veränderung ausgelegt sei und ihm somit die Dynamik fehle.

Prozess gemeinsam gestalten

Martin Kaiser-Ferrari vermisst in der aktuellen Debatte um die Strukturreform die Lobby der Versicherten. Umso stärker sei die Lobby der Anbieter. Dass die Stimmen der Versicherten ernst zu nehmen seien, habe sich in der Abstimmung über den Umwandlungssatz gezeigt. Professor Olaf Meyer stellte fest, dass gewartet werde, bis die Politik mit Verboten reagiere, statt den Prozess gemeinsam zu gestalten.

Auf die Frage, ob die Gremien der Vorsorgeeinrichtungen nicht überfordert seien, meinte Beat Fellmann, dass die pro-aktive Mitwirkung intern nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Materie gering sei. Den Gremien sei wichtig, möglichst wenig Risiko zu tragen. Sicherheit gehe über alles.

Stiftungsräte nicht optimal zusammengesetzt

Laut Professor Olaf Meyer müsse der Stiftungsrat so aufgestellt sein wie die Unternehmensführung. Insofern seien die Stiftungsräte nicht optimal zusammengesetzt.

Der Zwang, den Stiftungsrat aus eigenen Reihen zu besetzen, sei seines Erachtens falsch, zumal die Tätigkeit als Stiftungsrat keine Feierabendbeschäftigung sei. Beat Fellmann hielt das Demokratieverständnis ebenfalls nicht für gegeben, weshalb auch keine ernsthafte Diskussion stattfinde.

Veränderung von innen heraus

Martin Kaiser-Ferrari hält darum die Strukturreform in der beruflichen Vorsorge im Interesse der Versicherten für den richtigen Weg, um zukünftig Machtballungen und Interessenskonflikte zu vermeiden. Auch wenn die Schweiz vergleichsweise wenige Skandale verzeichne, sei doch jeder einzelne einer zu viel.

Professor Olaf Meyer stellte dagegen in Frage, ob es sinnvoll sei, Spielregeln aufzupfropfen. Seines Erachtens werde sich das System im Rahmen der unternehmerischen Verantwortung von innen heraus verändern. Anstoss dazu geben unzufriedene Versicherte, die Druck auf den Stiftungsrat ausüben. Auch fehle vielen Pensionskassen eine klare Strategie.

Deckungsgrad spielt untergeordnete Rolle

Martin Kaiser-Ferrari betonte, dass Regularien Rahmenbedingungen seien, die nach dem Grundsatz «So wenig wie möglich, so viel wie nötig» gesetzt werden. Es gehe also nicht darum, Vorsorgeeinrichtungen vom Markt fernzuhalten. Der freie Markt solle spielen können. Aber das Parlament habe nun mal die Selbstregulierung abgelehnt.

Olaf Meyer hält den Deckungsgrad angesichts der Langfristigkeit, mit der die Vorsorgegelder anzulegen seien, für eine untergeordnete Grösse. Sie in den Mittelpunkt zu stellen, sei schädlich.

Warnung vor Amerikanisierung

Martin Kaiser-Ferrari warnte ebenfalls vor einer Amerikanisierung. Für eine langfristige Optik seien langfristige Kriterien anzuwenden.

Beat Fellmann gab zu bedenken, dass mit jeder Krise mehr Substanz gefordert werde. Darauf angesprochen ob Investitionen in Alterswohnreinrichtungen diese Substanz bieten, meinte er, dass in solchen Fällen partnerschaftliche Modelle zwischen Anleger und Betreiber anzustreben seien, da die Performance bei Spezialimmobilien beschränkt sei. Oder anders ausgedrückt: «Das Spektakel ist begrenzt, dafür solid».