Vorsorgeeinrichtungen auf der ganzen Welt sind auf der Suche nach höheren Renditen für ihre Spargelder. Dabei setzen sie vermehrt auf Kryptowährungen. Auch in der Schweiz wächst das Interesse, wie Recherchen zeigen.
Die Meldungen zu Krypto-Investments schiessen wie Pilze aus dem Boden, doch in dem Wust an Publikationen scheinen bedeutsame Entwicklungen fast unterzugehen. So gab unlängst die amerikanische Pensionskasse Houston's firefighters bekannt, in die Kryptowelt eingestiegen zu sein und einen Teil ihrer Vorsorge-Milliarden in Kryptowährungen angelegt zu haben.
Die Verantwortlichen könnten die neue Anlageform einfach nicht mehr ignorieren, hiess es zur Begründung, wie unter anderem die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete. Genannt wurde dieser Tage auch ein Pensionsfonds in Australien, der ebenfalls auf das Anlagethema Krypto angesprungen ist.
Angst vor dem Zuspätkommen
Tatsächlich klettern dieses Jahr die bedeutendsten digitalen Token und Coins von Rekord zu Rekord. Der Bitcoin etwa hat seinen Wert zum Dollar seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt und notiert nun oberhalb von 65'000 Dollar.
Bei kleineren Kryptowährungen ging es teilweise sogar mehrere hundert Prozent nach oben. All das sorgt erst recht dafür, dass unter den Investoren sogenanntes FOMO umgeht – also die Angst, die Hausse zu verpassen.
Vielfältige Möglichkeiten
Auch bei Kapitalerhöhungen von namhaften Krypto-Firmen halten sich die Sparvehikel für Pensionsgelder nicht mehr zurück. So investierte die weithin als extrem konservativ bekannte kanadische Investitionsfirma Caisse de dépôt et placement du Québec (CDPQ) vor wenigen Tagen in Celsius Network, eine Anlage-Plattform für Kryptowährungen.
Doch wie steht es um die Schweizer Pensionskassen? Hierzulande geht nur wenig ohne das Plazet des Regulators. Bei der zuständigen Oberaufsicht für Berufliche Vorsorge (OA BV) sagt der für die Direktaufsicht zuständige Leiter Roman Saidel auf Anfrage von finews.ch, dass die Möglichkeit zu Investitionen in Kryptowährungen durchaus besteht. Das Gesetz sieht in der Kategorie «Alternative Anlagen» allerdings eine Obergrenze von 15 Prozent vor. Anders formuliert: Verboten sind Anlagen in Krypto-Assets bei Vorsorgeeinrichtungen also nicht.
Banken interessiert
Seidel weiss zudem von einigen Anfragen zu Krypto-Investments aus dem Lager der Banken zu berichten. Diese haben offenbar ein Interesse daran, ihren institutionellen Kunden eine neue Investment-Idee zu «pitchen».
Bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma), die in dieser Sache aber an die OA BV sowie auf die regionalen Direktaufsichtsbehörden verweist, sind bis anhin noch keine Fragen von Pensionskassen-Verwaltern zu Krypto eingegangen, teilte ein Mediensprecher der Behörde gegenüber finews.ch mit. Wie Versicherer, die im Geschäft mit der zweiten Säule tätig sind, mit Krypto-Investments im freien Vermögen umgehen, käme stark auf die Assets an und wäre von den angewendeten Bilanzierungsstandards abhängig, hiess es weiter.
Diebstahl und Volatilität
Aber wären Kapitalanlagen in digitalen Assets auch eine gute Idee? Saidel von der OA BV warnt angesichts des Krypto-Hypes derzeit, dass ein Totalverlust bei diesen Anlagen nicht ausgeschlossen sei. Neben einem möglichen Diebstahl, der hohen Volatilität sei auch das Thema neue Regulierungen bei Kryptowährungen und damit Auswirkungen auf die Investments nicht zu vernachlässigen.
Zu beachten sei obendrein, dass der Gesetzgeber immer die Diversifikation der Vorsorgewerke im Auge habe. Investitionen in lediglich eine einzige Kryptowährung kämen daher nur schwer in Frage. Vielmehr bräuchte es kollektive Anlagen dazu. Letztlich müssten aber die Stiftungsräte der Vorsorgeeinrichtungen jeweils selbst entscheiden, was für ihre Organisationen als Risikostrategien in Frage kämen, so Saidel weiter.
Nicht in Stein gemeisselt
Interessanterweise ist der 15-Prozent-Anteil hingegen nicht in Stein gemeisselt. Denn falls es die Vorsorgeeinrichtung begründen kann, und es das Risiko etwa bei sehr jungen Versicherten-Kollektiven hergibt, darf die Begrenzung überschritten werden.
Auch hier müsste allerdings noch ein Umdenken in der Schweiz stattfinden. Betrachtet man nämlich die Aufteilung der Gesamt-Anlagestrategie der Vorsorgekapitalien, so fällt auf, dass die «Alternativen Anlagen», zu denen auch Private Equity und Hedgefonds zählen, derzeit nur auf einen durchschnittlichen Anteil von rund 7,6 Prozent kommen. Die Verantwortlichen könnten also bis zu 15 Prozent ihrer Assets in diesem Bereich anlegen, nutzen aber die Möglichkeiten momentan überhaupt nicht aus.
Die versprochenen Renditen dürften in diesem Bereich mit Blick auf das Risiko beziehungsweise auf die Risikotragfähigkeit einfach nicht attraktiv genug sein, vermutet Saidel.