Das Ringen um die Kundenschnittstelle im Banking nimmt zu. Die Schweizer Finanzinstitute sind gefordert – und fordern ihrerseits gleichlange Spiesse, schreibt Richard Hess von der Bankiervereinigung.
Richard Hess ist Leiter Projekte Digitalisierung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Schnell, einfach und komfortabel: so möchten wir unsere alltäglichen Finanzgeschäfte erledigen. Je länger je mehr machen wir dies über unsere kleinen technischen Helfer in der Hosentasche, wie dies auch eine aktuelle Studie der Hochschule Luzern und ti&m bestätigt. Die Schweizer Banken können dabei mit ihren mobilen Angeboten international mithalten. Im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten stellt eine aktuelle Studie von Capco den Schweizer Banken eine gute Note aus, namentlich in den Bereichen Zahlungsverkehr und im Management der persönlichen Finanzen. Die Frage ist jedoch: Wie lange noch?
Ringen um die Kundenschnittstelle nimmt zu
Die Bankenbranche durchläuft einen nachhaltigen Strukturwandel. Der Wettbewerb nimmt zu, gerade im Privatkundensegment. Einfache Bedürfnisse wie Überweisungen tätigen und Kontoinformationen abrufen werden neben etablierten Banken zunehmend von neuen Anbietern bedient. Digitalbanken prägen die Kundenerwartungen bezüglich Funktionalität und Preis.
«Big Tech»-Unternehmen festigen wiederum ihre Position an der Kundenschnittstelle im Zahlungsverkehr. Darüber hinaus bieten Fintechs innovative Dienstleistungen in Geschäftsbereichen wie der Vermögensverwaltung oder der Vorsorge an. Ist dies eine Gefahr für die Banken? Nicht unbedingt.
Ideal Ausgangslage
In Zukunft beziehen Kundinnen und Kunden ihre Finanzprodukte immer weniger nur noch von einem Anbieter – und immer mehr dort, wo sie das für sich beste Angebot finden. Sie möchten dabei aber nicht nur einfache und personalisierte Finanzprodukte, sondern weiterhin auch Sicherheit, Vertrauen und Schutz der persönlichen Daten. Und genau hier verfügen die Schweizer Banken über eine ideale Ausgangslage mit hervorragenden Rahmenbedingungen.
Schweizer Banken haben die Chance, durch Kooperationen mit Fintechs – und auch untereinander – ihre bestehenden Kundenbeziehungen zu festigen, indem sie innovative Produkte und Dienstleistungen in das eigene Angebot integrieren. Auch die jährliche IFZ Fintech Studie weist auf dieses Potential hin. Dies kann je nach Geschäftsmodell durchaus auch indirekt bzw. aus dem Hintergrund erfolgen.
Banken wollen kooperieren
Die gute Nachricht: Die Schweizer Banken haben die Zeichen der Zeit erkannt. Im jüngst veröffentlichten Positionspapier der SBVg zu Open Banking weisen sie auf das Potential der Öffnung der Schnittstellen und der kooperativen Zusammenarbeit mit Fintechs und zwischen den Banken hin.
Entscheidend dabei ist, dass gemeinsam und basierend auf marktwirtschaftlichen Lösungen ein Mehrwert für die Kunden generiert wird. Regulierung und eine erzwungene Öffnung – analog zur PSD-2 in der EU – wären entschieden der falsche Ansatz, um Kooperation im Ökosystem voranzubringen. Zwang hat noch selten nachhaltige Zusammenarbeit und Kundennutzen geschaffen.
Weichen jetzt stellen
Nun ist es wichtig, frühzeitig die Weichen zu stellen, um die weitere Entwicklung des Schweizer Finanzökosystems in die richtige Richtung zu lenken:
- Mindset und Strategie anpassen: Die Zusammenarbeit in einem Partnerökosystem ist in erster Linie eine strategische Fragestellung und keine technische. Sie erfordert in den einzelnen Instituten eine strategische Auseinandersetzung mit der Frage, wie man in Zukunft den Umgang mit Kundendaten und deren Austausch im Ökosystem handhaben möchte. Hierfür ist vielerorts ein «Mindset Shift» erforderlich. Die Schweizer Banken sind gefordert, sich ihrer eigenen wichtigen Rolle im Ökosystem bewusst zu sein und ihre Strategie bei Bedarf entsprechend anzupassen.
- Die besten Rahmenbedingungen beibehalten: Nur die Gewährleistung der Vertragsfreiheit kann sicherstellen, dass sich Open-Banking-Anwendungsfälle optimal am Kundennutzen orientieren. Einseitige Einschränkungen wie PSD-2 in Europa belegen, dass sich Anwendungen mit Mehrwert nicht durch eine Regulierung erzwingen lassen. Neue Möglichkeiten würden sich jedoch ergeben, wenn eine Öffnung gleichermassen für alle Marktteilnehmer und insbesondere für die grossen Technologiefirmen gelten würde. Für den Schweizer Regulator ist diesbezüglich bis auf weiteres kein Handlungsbedarf angezeigt, da sich das Ökosystem ohne regulatorischen Eingriff optimal weiterentwickeln kann.
- Fragmentierung bei der API-Standardisierung verhindern: Der Markt löst auch die technologischen Herausforderungen wie die Standardisierung der Schnittstellen (API). Diese ist für einen effizienten und vor allem sicheren Austausch von Daten essentiell. Internationale Arbeiten wie die der Berlin Group sind dabei auch für die Schweiz relevant. In der Schweiz treiben vielversprechende Initiativen die Standardisierung voran, vor allem SFTI mit ihren Arbeiten zur Common API, die b.Link Plattform der SIX oder das openbankingproject.ch. Während die Common API Initiative eine Standardisierung der API des Banken- als auch Versicherungssektors zum Ziel hat, geht b.Link einen Schritt weiter und möchte über eine operative Plattform Banken und Fintechs direkt miteinander verbinden. Eine weitere Fragmentierung im kleinen Schweizer Markt ist aber zu vermeiden. Obwohl die Initiativen teils unterschiedliche Ziele verfolgen, sind sie und auch die Branche gefordert, die weiteren Arbeiten möglichst eng aufeinander abzustimmen, damit das Schweizer Finanzökosystem rasch über einheitliche und sichere Standards verfügt.
Vertrauen, Sicherheit und Qualität bilden auch in Zukunft das Fundament des Schweizer Bankenplatzes. Die Schweizer Banken sind auf dem richtigen Weg – mit Fokus auf ihren Stärken, gemeinsam mit innovativen Partnern. Nun müssen sie einen Schritt nach dem anderen machen.