Fintech bringt die Banken ins Wanken, Bitcoin löst das Bargeld ab, und die Blockchain wird den Zahlungsverkehr revolutionieren. Alles Blödsinn. Die grossen Innovationen würden gezielt verhindert – durch die Banken, behauptet ein Insider.
Fintech besitzt ein disruptives Potenzial für Banken und das Finanzsystem. Allzu gerne stimmen Experten und digitale «Evangelisten» dieses Hohelied an. John Biggs, Fintech-Experte und Gründer des Bitcoin-Unternehmens Freemit, sieht das ganz anders. «Das einzig disruptive an Fintech sind die Innovationen, mit denen die Banken Fintech-Investoren verhindern», schreibt er auf der Plattform «Coindesk».
Biggs kommt auf Grund seiner Erfahrungen und denen anderer Fintech-Unternehmer diesem Schluss. Fintech, so behauptet er weiter, sei in den USA ein Witz. In der Sparte herrsche kein Selbstbewusstsein. Die Vertreter seien ängstlich, und wenn es Raum für Innovationen und Veränderungen gebe, dann nur dort, wo Banken den Platz dafür schafften.
Lieber untergehen als verändern
Innovationen, die aus dem Fintech-Sektor kämen, würden nicht belohnt, so Biggs weiter. Sie würden eher beargwöhnt. Das Verhalten, das er beschreibt, ist für jeden Fintech-Unternehmer frustrierend: Die Banken kontrollierten nach wie vor die bestimmenden Technologien im Finanzsektor.
Was bleibe, seien allenfalls Software-Lösungen oder Applikationen, welche möglicherweise für ein paar Millionen Dollar an die IT-Abteilung einer Bank verkauft würden, um irgendwelche Prozesse zu vereinfachen. Denn innerhalb der Banken hätten noch immer hauptsächlich die Banker alter Schule das Sagen, so Biggs, und diese würden lieber ihre Bank mit wehenden Fahnen untergehen sehen als Veränderungen einzuleiten.
Biggs erwähnt auch eine Anekdote, als er einem Manager der US-Bank J.P. Morgan die Einführung so genannter «Chatbots» – Kommunikationsroboter für bestimmte Services – vorschlug. Der Manager habe geantwortet, die Bank habe bereits einen Chat-Service. Kunden könnten via SMS Bankauszüge bestellen.
Mit Blockchain die totale Kontrolle gesucht
Biggs hat sich mit seinem Meinungsartikel sicherlich einigen Frust von der Seele geschrieben. Und aus Schweizer Sicht liesse sich sagen: Was kümmern uns die USA, wo die Banken noch verkrustet sind. Ausserdem investieren hierzulande gerade die beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS erhebliche Summen in die Digitalisierung – bis hin zur Blockchain-Technologie.
Dass die Innovationsgelder der Grossbanken in die Blockchain fliessen, hat gemäss Biggs einen einzigen Grund: Kontrolle. Die Banken wollen aus einer dezentralen, offenen, grenzenlosen Technologie das pure Gegenteil der Grundidee schaffen: ein geschlossenes System, das von den Banken vollständig gesteuert und kontrolliert werden kann.
Falsche Wahrnehmung
Biggs betont: Die Banken hätten eine riesige Verantwortung als Geldverwalter. Darum seien Vorsicht und Sicherheitsbedenken richtig. Innovation hingegen völlig aufzugeben bedeute, diese Verantwortung nur zur Hälfte wahrzunehmen.
Banken handelten wie Diener, die von ihren Herrn beauftragt wurden, Geld zu vermehren. Dabei hätten die Diener nichts besseres gewusst, als das Geld zu vergraben. Und seien mit der Auffassung zurückgekehrt, immerhin sei das Geld so in Sicherheit.