Das gibt es in der Schweiz bis jetzt nur einmal: Eine Bankfiliale, wo eine virtuelle Beraterin in Lebensgrösse die Kunden empfängt. Anzutreffen ist die Dame in einer Raiffeisen-Geschäftsstelle.
Eine Filiale im landesweiten Geschäftsstellen-Netz der Raiffeisen-Gruppe leistet auf dem Gebiet der innovativen Kosteneinsparungen Pionierarbeit.
Denn die Burgdorfer Raiffeisenbank hat in ihrer neuen Filiale im bernischen Alchenflüh-Kirchberg in Eigenregie ein Beratungskonzept initiert, das es so – zumindest in der Schweiz – noch nicht gibt.
Zehn Kilometer entfernt
Dabei werden die Kunden beim Betreten der Filiale nicht von einer Person aus Fleisch und Blut begrüsst, sondern von einer virtuellen Kundenberaterin auf einem lebensgrossen Bildschirm.
Und was der Kunde nicht weiss: Die junge Dame befindet sich rund zehn Kilometer entfernt am Hauptsitz in Burgdorf, wo man eigens für diesen Zweck ein kleines Fernsehstudio eingerichtet hat.
Durch Kurt Aeschbacher ausgebildet
Bei der jungen Frau handelt es sich um die Lehrabgängerin Mary Ann Widmer (Bild oben). Allerdings berät sie die Kunden nicht in allen Belangen. «Dies wäre im öffentlichen Raum nicht machbar», sagt Marc Guggenbühler (Bild unten), Leiter der Raiffeisen Burdorf, zu finews.ch. Vielmehr verkürzt Widmer die Wartezeit der Kunden, bis einer der beiden Kundenberater frei ist. Zudem vereinbart sie Termine, informiert über Finanzprodukte oder gibt Auskünfte, etwa über Wechselkurse.
Informationen kann sie via Tablet dem Kunden in der Filiale Alchenflüh übermitteln. Diese erscheinen dann ebenfalls auf einem zweiten, lebensgrossen Bildschirm. Widmer bekam für ihre Aufgabe eine Schulung von bekannten Schweizer Fernsehmoderator Kurt Aeschbacher.
Produktivität erhöhen
Hinter diesem Projekt stecken laut Guggenbühler neben der Erhöhung der Beratungsqualität auch handfeste Kostenüberlegungen. Die Filiale hätte neben den beiden bestehenden Beratern vor Ort an sich noch eine dritte Person benötigt. Diese wäre aber kaum ausgelastet gewesen, sagt der Raiffeisen-Chef in Burgdorf. Darum ersann man sich die «virtuelle Beraterin», die immer dann zum Einsatz kommt, wenn Not am «Mann» ist.
«Bisher haben unsere Kunden höchst positiv auf den virtuellen Empfang reagiert», sagt Guggenbühler. Auch innerhalb der Raiffeisengruppe stosse das neue virtuelle Beratungskonzept auf offene Ohren, sagt der Bankfachmann nicht ohne Stolz, denn es ist ein offenes Geheimniss, dass nicht alle gut 300 Raiffeisenbanken mit ihren mehr als 1'000 Filialen sehr rentabel sind.
Potenzial für Kleinstfilialen
Hin und wieder muss denn auch eine Filiale die Segel streichen. Die Videoberatung könnte daher eine Möglichkeit sein, den Kleinstfilialen grössere Überlebenschancen zu bieten. «Unsere Technologie hat Potenzial», ist Guggenbühler überzeugt. Dies zeige sich auch daran, dass bereits Nicht-Raiffeisen-Banken anklopften, um mehr über die virtuelle Kundenberaterin zu erfahren.