Der Innovations-Chef der Digital Private Bank der Credit Suisse beobachtet, wie schwer sich die Banken mit dem Digitalisierungstrend tun. Für die Credit Suisse plant er Innovationslabors im Silicon Valley.
Die Digitalisierung krempelt traditionelle Dienstleistungen im Retail- und Private Banking zusehends um. Umso wichtiger ist es für die Banken, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Die Credit Suisse (CS) hat darauf reagiert, indem sie 2014 Holger Spielberg (Bild) vom Internetbezahl-Dienstleister Paypal holte und ihn zum Innovations-Chef der Digital Private Bank machte.
«Die Banken stehen an einem Scheideweg», sagte Spielberg nun in einem Interview auf der Website der Credit Suisse. «Zum einen stehen sie noch in der Aufarbeitung ihrer jüngsten Vergangenheit. Zum anderen sieht man, dass sich die Banken mit der Digitalisierung schwertun.»
Fintech erreicht das Private Banking
Gerade im Retail-Banking hätten die Banken eine schlechte Position. Denn andere Anbieter – meist aus dem Fintech-Bereich – seien viel näher am Kunden, so Spielberg. Mit der Zeit brauche es Bankfilialen kaum noch. Denn Dienstleistungen wie Geldtransfers würden dann Plattformen und Roboter erledigen. Hinzu komme, dass Firmen wie Apple, Facebook oder auch Swisscom zusehends ins Finanzwesen drängten.
Während Spielberg hier insbesondere das Retailbanking anspricht, zeigen die globalen Entwicklungen, dass der Fintech-Trend auch im Private Banking angekommen ist.
Roboter im Private Banking
Stark ist dieser Trend in Asien, wie auch finews.ch berichtete. Dort sind so genannte «Robo Advisor» und «Robo Asset Allocator» auf dem Vormarsch und ermöglichen eine automatisierte Vermögensverwaltung.
Auch kleinere Banken in der Schweiz haben den digitalen Trend für sich entdeckt. So schaltete die Glarner Kantonalbank schaltete kürzlich den «investomat» frei. Er ermöglicht ein individuelles Online-Portfoliomanagement.
Kostendruck verlangt Digitalisierung
Im Private Banking «gibt es eine digitale Revolution», ist sich Ingenieur Spielberg sicher. Nicht zuletzt, um die gestiegenen Kosten aufgrund der stärkeren regulatorischen Anforderungen in den Griff zu kriegen. «Es geht darum, einerseits ein ganz neues Level an Effizienz zu schaffen und auch neues Wachstum aufzuzeigen. Die digitale Welt bietet hier eine Möglichkeit», ist der Ingenieur überzeugt.
Selbstkritisch stellt er zudem fest, dass superreiche Kunden oder die Generation Y von den Banken nicht richtig angesprochen werden. «Das traditionelle 'Wine and Dine' funktioniert immer weniger in diesem Segment, da wird der Berater eher als eine Art Coach gesehen.»
Von Push zu Pull
Spielberg fordert demnach ein Umdenken im Private Banking, und zwar von einem Push- hin zu einem Pull-Modell. In anderen Worten: Heute verlangt der Kunde, welche Leistungen er wann und wo beziehen möchte. Er fordert mehr Flexibilität, Transparenz und deutlich stärker personalisierte Produkte und Dienstleistungen.
In diese Richtung haben die Credit Suisse und die UBS bereits Anstrengungen unternommen, wie finews.ch berichtete. Sie setzen vermehrt auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz, um die Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und entsprechend proaktiv zu agieren.
Blick in die Zukunft
Für die Zukunft hat Spielberg Grosses vor. Nach 2020 würden Innovationslabors in Zürich und im Silicon Valley entstehen. Ziel sei es, Schnittstellen mit anderen Entwicklungen in Gesellschaft, Technologie und Forschung zu schaffen sowie Projekte und Prototypen für das Gestalten der eigenen Banking-Zukunft zu realisieren.
«Weiter sollen von diesen Labs disruptives Denken und Impulse ausgehen, die Banking neu definieren und zum Beispiel Prozesse und Kundenmehrwerte im Vermögensmanagement völlig neu gestalten», sagte er.