Die EU will die seit der Finanzkrise andauernde Diskussion um das Banken-Regelwerk Basel III endlich abschliessen. Es sieht nach einem Sieg für die Banken aus – auch in der Schweiz geht die Branche auf die Barrikaden.
Nach mehr als einem Jahrzehnt zäher Verhandlungen soll in der EU bald das letzte Worte zum Bankenregelwerk Basel III gesprochen werden. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sowie die EU-Kommission haben sich mit Blick auf den drängenden Abschluss der Reform schon zu Zugeständnissen überreden lassen.
In den vergangenen Monaten beugten sich auch noch Europas Wirtschafts- und Finanzminister über den bereits im vergangenen Jahr von der EU-Kommission verabschiedeten Vorschlag. Am (heutigen) Dienstag haben die Magistraten im Europäischen Rat dem Bericht der Kommission nun zugestimmt – dessen Vorgaben allerdings nochmals verwässert.
Zur Erinnerung: seit der Finanzkrise von 2008 haben Regulierungsbehörden aus aller Welt und unter Koordination der BIZ in Basel an Regeln gearbeitet, um Banken solider aufzustellen und weitere Rettungsaktionen Zulasten der Steuerzahler zu vermeiden.
Mehr Flexibilität bei Hypotheken
Doch zumindest in der EU hat die Banken-Lobby seither ganze Arbeit geleistet. Nach dem Standpunkt des EU-Rats soll den Banken eine Erhöhung des Risikogewichts für bestimmte Kapitalbeteiligungen erspart bleiben. Auch beim Risikogewicht für nachrangige Schuldtitel gibt es eine engere Definition und damit geringere Kapitalbelastung. Zudem soll den Instituten mehr Flexibilität bei der Vergabe von Immobilienkrediten eingeräumt werden.
Nachdem der Rat seinen Standpunkt zu den Vorschlägen vereinbart hat, ist er nun bereit, Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufzunehmen, um eine Einigung über die endgültige Fassung zu erzielen und die Regeln im EU-Recht zu verankern. Der Basel-III-Standard würde in der Union frühestens im Jahr 2025 umgesetzt.
Europäische Eigenheiten
«Damit machen wir die in der Union tätigen Banken stärker und widerstandsfähiger», liess sich Zbyněk Stanjura, der tschechische Finanzminister, zum Vorschlag des EU-Rats zitieren. Beim Abschluss der Umsetzung der internationalen Basel-III-Reformen sei es wichtig, dass die Besonderheiten des EU-Bankensektors und der besonderen Situation in unseren Mitgliedstaaten Rechnung getragen werde, fügte er an.
Gleichentags hatte die Europäische Zentralbank (EZB) nochmals eindringlich vor einer Verwässerung von Basel III in Europa gewarnt. Es sei ein heikler Moment für Banken, und es gelte, alte Fehler zu vermeiden, liess sich die EZB-Bankenaufsicht vernehmen. Die Aufseherin warnte insbesondere vor den steigenden Zinsen. Rund einem Drittel der Geldhäuser fehle das Instrumentarium, um dieses Risiko richtig einschätzen zu können.
Drohender «Swiss Finish»?
Hierzulande weibelten derweil die Bankenverbände gegen die neue Eigenmittelverordnung auf Bundesebene, die schärfere Vorschriften auch für Inlandbanken nach sich zeihen würde. Kritisiert wurde dabei vor allem, dass die Umsetzung des sogenannten Basel-III-Standards zu komplex ist, hohe Kosten verursacht und negative Folgen für Kreditnehmer hat. Erneut ist auch von einem «Swiss Finish» die Rede, also Regeln, die härter sind und schneller umgesetzt werden als im Ausland.
Dass mit Zinswende, Ukraine-Krieg und der Belastung der Konsumenten durch die Inflation die Risiken auch für die Banken gestiegen sind, wird dabei wie in der EU als Argument für weniger Vorschriften ausgelegt.