Eine ehemalige Wirtschaftsanwältin der Zürcher Nobelkanzlei Niederer Kraft & Frey hat zum Cottonfield Family Office gewechselt. CEO Peter Schuppli erläutert im Interview mit finews.ch die Hintergründe.
Herr Schuppli (Bild unten), UBS-Chef Sergio Ermotti hat unlängst erklärt, dass in den nächsten Jahren noch eine ganze Reihe von Banken hierzulande verschwinden wird. Welche Farben benützen Sie, wenn es darum geht, die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes malen?
Die Branche hat zwei Themenkreise: Industrialisierung der Kernprozesse verbunden mit Kostensenkungen und Qualitätssicherung sowie Fokussierung. Nicht mehr jede Bank kann alles anbieten. Ein klarer Fokus betreffend Kunden, Märkten, Prozessschritten und Produkten ist daher zwingend.
Was heisst das in der Praxis?
Unser Stammhaus, Aquila & Co., hat bereits vor zwei Jahren mit dem Erhalt der Banklizenz eine Nische geschaffen und bietet seither den Kunden von unabhängigen Vermögensverwaltern das klassische Grundgeschäft der Konto-/Depotführung und der Wertschriftentransaktionen an – und das zu attraktiven Konditionen.
Mit anderen Worten: Die Zukunftsrisiken der einen Akteure sind auch Chancen für andere. Im Gegensatz zu den Verwerfungen am Kapitalmarkt können wir diese Entwicklung zumindest mitgestalten.
Sie haben mit der Berufung von Karl Schädler zum operativen Leiter des Cottonfield Family Office nun einen ersten Schritt in der Nachfolgeregelung getan. Was waren Ihre Motive dafür?
Wir wissen aus unserem Beratungsgeschäft, dass Nachfolgeregelungen eher früher als später an die Hand genommen werden sollten. Man kann ja nicht Wasser predigen und Wein trinken! Karl Schädler ist mit seiner Ausbildung, seiner Erfahrung und Kundenorientierung prädestiniert, diese Aufgabe jetzt zu übernehmen.
Wie sieht Ihre Rolle künftig aus?
Ich werde weiterhin in der Kundenberatung aktiv sein und meine externen Verwaltungsratsmandate wahrnehmen. Ich bin dankbar für die Entlastung und freue mich, mit dem Führungsteam das Unternehmen weiter zu entwickeln.
Wie schwer fällt es einem Routinier, die operative Verantwortung einem jüngeren Partner zu übergeben?
Wir haben mit der Übergabe schon vor einem halben Jahr begonnen und werden diese schrittweise fortsetzen. Das ist gerade das Schöne an einem Kleinbetrieb: Es braucht keinen Schnitt wie in einem Grossunternehmen.
Wir sind keine Freunde von grossen Würfen, sondern bevorzugen die stille, aber konsequente Entwicklung. Ich würde behaupten, dass in den vergangenen Monaten niemand von aussen überhaupt realisiert hat, dass wir die Nachfolgeregelung gestartet haben. Nun haben wir das offiziell kommuniziert.
Das Wachstum von Cottonfield ist zwar nicht stürmisch, aber auf dem Teamfoto von Cottonfield hat es von Jahr zu Jahr zusätzliche Gesichter. Wie viel Wachstum ist angesichts der verschärften regulatorischen Auflagen überhaupt nötig?
Wachstum per se ist nicht unser vordringlichstes Ziel. Wenn wir eine Chance erkennen, packen wir sie am Schopf. Dieses Jahr konnten wir beispielsweise Debra Davatz (Bild ganz oben und unten) für uns gewinnen, nachdem wir schon längere Zeit erfolgreich zusammengearbeitet hatten.
Nach welchen Kriterien wählen Sie neue Kaderleute aus?
Sie müssen zu uns passen und uns ergänzen. Alles andere stört bei der Hauptaufgabe, Kunden zu betreuen. Die regulatorischen Auflagen werden den kleinen Vermögensverwaltern in Zukunft das Leben noch schwerer machen.
Wer aber eine vernünftige Grösse, klare Aufgabenprofile, kompetente Stellvertretungen und solide Prozesse hat, muss sich keine Sorgen machen.
Frau Davatz, was hat Sie als Rechtsanwältin und Spezialistin für Erbrecht dazu bewogen, in die Finanzbranche zu wechseln?
Nach 16 Jahren bei der Zürcher Anwaltskanzlei Niederer Kraft & Frey haben mich die Herausforderung und die Arbeit in einem interdisziplinären Umfeld gereizt. Ich kann künftig meine Erfahrungen im Familien- und Erbrecht sowie im Gesellschaftsrecht mit dem Beratungs- und Betreuungsansatz meiner Kollegen in einem Multi-Family-Office einbringen. Das ist interessant.
Als neue Partnerin kann ich zudem die Zukunft mitgestalten. Auf diese unternehmerische Aufgabe freue ich mich nun bei Cottonfield Familiy Office besonders.
Wird mit einer Anwältin im Hause die Bewältigung rechtlicher Fragen für die Kunden von Cottenfield günstiger?
Es geht weniger um den Preis, als vielmehr um eine umfassende Beratung unter Einbezug aller relevanten Fragen. Als Anwältin bin ich es gewohnt, mit Kollegen vernetzt zu arbeiten. Dies steigert die Effizienz und Qualität der Beratung und ist demzufolge auch auf der Kostenseite für die Kunden interessant.
Einige unserer Kunden werden aber wie bisher ihren eigenen Anwalt mit solchen Aufgaben betrauen wollen. Das ist völlig in Ordnung.
Sie wollen auch künftig als unabhängige Anwältin tätig sein. Wie beugen Sie Interessenkonflikten vor?
Es versteht sich von selbst, dass ich die vom Gesetz und vom Bundesgericht definierten Voraussetzungen für die anwaltliche Unabhängigkeit einhalten werde. Nur so lassen sich Interessenskonflikte vermeiden.