Immerhin konnte er am Donnerstag auch herausstreichen, dass die CS seit einigen Monaten gut unterwegs sei; sie Rechtsfälle in den USA beseitigen und weiteres Kapital aufnehmen konnte. Das also ist das «neue Kapitel», von dem Thiam nun spricht, und mit dem er sich dieser Tage erstaunlich positiv wieder in der öffentlichen Wahrnehmung zurückgemeldet hat. Allerdings ist er noch weit vom souveränen Auftreten eines Jamie Dimon, Chef des US-Finanzgiganten J.P. Morgan, entfernt, genauso wie ihm die Ironie von Goldman-Sachs-CEO Lloyd Blankfein, wenn dieser seine Tweets in Umlauf schickt, abgeht.
Ignoranz und Rassismus
Thiam, so heisst es bankintern, sollte sich einfach häufiger vor seinen Mitarbeitern zeigen. Tatsächlich umgibt sich der CS-Chef nach wie vor mit einer engen Entourage von Loyalisten, böse Zungen sprechen auch von Ja-Sagern, und er bewies bislang wenig Gehör oder Gespür für die öffentliche Meinung oder für die Kümmernisse seiner Belegschaft. An seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern richtet er sich lediglich aus Anlass der Quartalszahlen. Kaum je hat man ihn etwa im Zürcher Üetlihof gesehen, wo hierzulande der grösste Teil des CS-Personals arbeitet.
Frühere Enttäuschungen mögen Thiams Distanz erklären. Zwar ein brillanter Strategie und Taktiker mit zwei Abschlüssen von Frankreichs angesehensten Hochschulen, hat er es nie verschmerzt, dass ihm die französische Geschäftswelt und die französischen Blue-Chip-Firmen stets verschlossen geblieben sind, vermutlich aus Ignoranz und einer Spur Rassismus.
Comeback in London
Vor diesem Hintergrund war es logisch, dass Thiam seine Karriere in Grossbritannien in Fahrt brachte, und wo er seinen letzten Job als CEO des britischen Versicherers Prudential als Sprungbrett für seinen Wechsel zur CS nutzte. Hier ist er nun und will in den nächsten zwei Jahren die Bank vollends auf die Sonnenseite zurückbringen.
In seinem engsten Umfeld ist aber klar, dass Thiam seine Zukunft nicht in der Schweiz sieht, sondern in Grossbritannien – in einer Top-Position. Dafür spricht auch der Umstand, dass der CS-Chef unlängst den früheren Wirtschaftsjournalisten James Quinn anheuerte, der früher für den «Telegraph» arbeitete und das Terrain für Thiams mittelfristige Rückkehr nach London ebnen soll. Natürlich will das vorerst niemand so gesagt haben.
Eine Super-Maschine
Ein kleines Problem stellt sich in diesem Plan allerdings noch: Die Marke Credit Suisse ist in Grossbritannien zwar bekannt. Sie gehört aber nicht zu den ganz grossen, einschlägigen Firmen der britischen Wirtschaftswelt, wie Tesco, HSBC oder BP, auf die Thiam ein Auge geworfen haben könnte. Insofern ist die Schweizer Referenz nur begrenzt verwendbar.
Thiam hat sich nie über das Jahr 2019 hinaus geäussert, erklärte aber, dass die Credit Suisse dereinst eine «really superb machine», also eine wirklich gute Maschine sein werde. Was könnte er in der Schweiz dann noch bewegen?
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