Das Weinangebot ist riesig, die Preisspanne vom Massenprodukt bis hin zum Luxus-Cru enorm. finews.ch-Weinredaktor Peter Keller versucht die Frage zu klären, wie teuer eine Flasche sein darf. Wie viel ist ein Wein wert?

Wann ist ein Wein wirklich teuer? Das ist wohl eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Für die einen sind schon 50 Franken je Flasche eine Menge Geld. Andere blättern, ohne mit den Wimpern zu zwinkern, tausend Franken auf den Tisch. Weinliebhaber – und Weinfreundinnen sind auch Sammler. Und offenbar bereit, absurd hohe Summe für bestimmte Weine auszugeben.

Wie bei jedem anderen Produkt setzt sich auch beim Wein der Verkaufspreis aus verschiedenen Komponenten zusammen. Es beginnt mit den Kosten für die Produktion und den Ausbau des Weins (etwa Barrique ja oder nein?).

Gehypter Supertoskaner

Es gibt Stimmen, die sagen, dass kein Gewächs in der Entstehung mehr als 20 bis 25 Franken pro Flasche kostet, egal ob hochdekorierter Premier Grand Cru Classé aus dem Bordeaux oder gehypter Supertoskaner.

Dazu kommen Material- und Personalkosten. Ebenso müssen Auslagen für den Vertrieb und namentlich das Marketing einkalkuliert werden.

In erster Linie Luxusbedürfnisse

Einen Einfluss auf den Preis haben weitere Faktoren wie der Bekanntheitsgrad des Weinguts oder der Weinmarke. Spekulation spielt (leider) eine Rolle. Gibt es von einem Wein bei grosser Nachfrage lediglich eine kleine Menge, so steigt logischerweise der Preis. Beispielsweise für die Kult-Burgunder der Domaine Romanée-Conti. Drei- und gar vierstellige Summen pro Flasche sind dafür die Regel.

Bei aller Achtung für die grossartige Qualität dieser grossartigen Weine: In dieser Liga geht es in erster Linie um Luxusbedürfnisse. Und da spielt der Preis wie bei Handtaschen oder Uhren eine untergeordnete Rolle.

Wein in der Weltraumstation

Das trifft auch für den wohl teuersten Welt der Wein zu. So verbrachten vor Jahren zwölf Flaschen des legendären Château Pétrus aus dem Bordelais 14 Monate auf der internationalen Raumstation ISS.

Bei einer Auktion wurde als Schätzpreis rund 1 Million Dollar angegeben – je Einheit notabene. Der Verkaufsprozess für den galaktischen Wein fand jedoch nicht öffentlich statt. So sind Käufer und der effektiv erzielte Preis nie publiziert worden.

Auf Platz eins

Ganz im Gegensatz zu einer Liste des deutschen Weinhändlers Gute Weine. Er hat darauf die teuersten Crus aufgeführt, deren Preis an offiziellen Versteigerungen erzielt worden ist. Auf Platz 1 ist Château Cheval Blanc 1947 aus dem Bordelais zu finden. Einem Sammler war der Rotwein 304'000 Dollar wert – allerdings für eine 6-Liter-Flasche.

Die Rarität (nur eine Flasche abgefüllt), das Prestige des Guts und der herausragende Jahrgang sind wohl die Hauptgründe für diesen trotzdem nicht nachvollziehbaren Preis. Auf Platz 2 liegt der Champagner 1907 des Hauses Heidsieck (275'000 Dollar), auf Platz 3 das Bordeaux-Gut Château Lafite-Rothschild. Für den Jahrgang 1869 wurden 234'000 Dollar bezahlt.

Wo liegt die Schmerzgrenze?

Wie viel soll man effektiv für einen Wein ausgeben? Eine schwierige Antwort. Das hängt im Wesentlichen von den eigenen Vorlieben ab. Bei mir liegt die Schmerzgrenze in der Regel bei rund 100 Franken je Flasche, in Einzelfällen darüber.

Für 50 Franken erhält man erstklassige Weine aus vielen Anbauregionen der Welt, Schweiz inklusive. Selbst zwischen 20 und 30 Franken lassen sich Trouvaillen finden, die viel Genuss zu einem fairen Preis bieten.

Exzellentes Preis-Genuss-Verhältnis

Müsste ich ein Gebiet erwähnen, das sich durch ein exzellentes Preis-Genuss-Verhältnis auszeichnet, dann ist es Deutschland. Nirgendwo findet man derzeit solch hochwertige Weine – in vielen Fällen, die das Portemonnaie nicht allzu stark strapazieren.

Eine Voraussetzung braucht es freilich: Bei unserem nördlichen Nachbarn spielen Riesling und Spätburgunder (Pinot noir) die Hauptrolle. Es ist also vorteilhaft, diese Sorten zu mögen.