Die Eskalation in der Ukraine verunsichert mittlerweile auch viele vermögende Westeuropäer, die sich für eine zweite Staatsbürgerschaft oder Wohnsitzbewilligung in der Karibik, in Asien oder im Nahen Osten bemühen, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Nach der russischen Invasion in der Ukraine macht sich auch in Westeuropa immer mehr Unsicherheit breit. Mit dem Konflikt zeigt sich, dass die Situation in unseren Breitengraden sehr viel fragiler ist als gedacht.

Mittlerweile sind es nicht nur vermögende Reiche aus Russland, die zusätzliche Staatsbürgerschaften und Wohnsitzbewilligungen erwerben wollen, sondern auch Deutsche, Franzosen oder Österreicher, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Gerade in Deutschland wecken die rollenden russischen Panzer Assoziationen an den Kalten Krieg und den Zweiten Weltkrieg.

Unglaublich starke Nachfrage

«Wir haben seit einigen Tagen eine unglaublich starke Nachfrage für Ziele ausserhalb von Europa», bestätigte Christian Kälin, Verwaltungsratspräsident von Henley & Partners, dem weltweit führenden Beratungsunternehmen in diesen Belangen.

«Die Telefone laufen heiss in allen unseren europäischen Büros. Plötzlich sind die Karibik, Dubai oder Thailand interessant», erklärt er weiter.

Auch für Europäer wichtig

Nun werde auch für viele Europäerinnen und Europäer klar, warum man eine zweite Staatsbürgerschaft brauche – nicht nur für Südafrikaner, Venzolaner oder Ukrainer, so Kälin weiter. «Wenn der Konflikt in der Ukraine weiter eskaliert, ist es in der Tat sinnvoller, sich ausserhalb Europas aufzuhalten, sofern man das kann», sagt der Henley-Präsident.

Die Nachfrage nach alternativen Staatsbürgerschaften und Niederlassungsbewilligungen «boomt» indessen schon seit einigen Jahren, wie Kälin im Interview mit finews.tv weiter ausführt.

Die Corona-Pandemie sowie die zunehmende geopolitische Volatilität haben das Geschäft in den vergangenen zwei Jahren bereits massiv verstärkt, wie Kälin im Gespräch betont. Unternehmer und auch viele Investoren suchten Zugang zu anderen Staaten und damit auch eine grössere Sicherheit.

Ab 250'000 Franken

Gewisse Interessenten hätten klare Vorstellungen, wohin sie wollten, andere würden sich nach den Preisen richten. Kälin betont auch, dass es dabei nicht um mehrere Millionen Franken gehe, die man für einen Pass oder eine Niederlassungsbewilligung bezahlen müsse – wie gerne kolportiert werde.

In manchen Staaten seien diese Privilegien bereits ab 250'000 Franken zu haben. Kälin unterstreicht auch, dass es nicht Firmen wie Henley & Partners oder andere solche Unternehmen seien, die diese Programme auflegen würden. Das seien die Staaten selber; «wir beraten sie dabei», erklärt Kälin. 

Rund 100 Staaten mit entsprechender Gesetzgebung

Aktuell bieten etwa 15 Länder eine Staatsbürgerschaft aktiv an, Investmentprogramme für eine Niederlassungs-Bewilligung existieren von rund 50 Ländern, und rund 100 Staaten haben laut Kälin eine entsprechende Gesetzgebung, die jedoch kaum Verwendung findet. Das wiederum hängt mit der jeweiligen Steuersituation oder der Komplexität des Vorgehens ab.


Mitarbeit: Jade Cano

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