Unverhandelbare Ansprüche bei Gastronomie und Gäste-Erlebnis: Das Gütesiegel «Relais & Châteaux» gehört für Hotels und Restaurants auf der ganzen Welt zu den begehrtesten. Die meisten Bewerber werden abgelehnt. finews.ch hat den Präsidenten Laurent Gardinier zum Gespräch getroffen.

Wie stellt man sich einen französischen Spitzen-Hotelier und -Gastronomen vor? Freundlich und zuvorkommend im Auftritt, tadellos gekleidet in Anzug und Krawatte, sichtlichen Berufsstolz ausstrahlend.

Diese Attribute treffen auf Laurent Gardinier zu. Der graumelierte, honorige «gentilhomme» tritt uns in den Meeting Rooms eines Zürcher Fünfsternehauses entgegen. «Leider», sagt er, «haben wir in Zürich selbst kein Mitgliedshotel», und nimmt an dem grossen Konferenztisch Platz.

70-Jahr-Jubiläum

Wir, das ist in diesem Fall «Relais & Châteaux». Der berühmte Zusammenschluss von Spitzen-Hotels und -Restaurants feiert gerade sein 70-jähriges Bestehen.

Hauptberuflich ist Monsieur Gardinier zusammen mit seinen Brüdern Eigentümer des gleichnamigen Familienunternehmens, das in der Luxus-Hotellerie und -Gastronomie sowie im Kaviar- und Weinhandel tätig ist. Dazu gehören das berühmte Hotel «Domaine Les Crayères» in der Champagne und das Pariser 2-Sterne-Restaurant «Le Taillevent».

Erster Besuch in Zürich

Beide Häuser sind – wie könnte es anders sein – Mitglieder von «Relais & Châteaux».

Erstmals seit Beginn seiner vierjährigen Amtszeit als Präsident der Vereinigung im letzten Jahr ist Laurent Gardinier nach Zürich gekommen. Der Besuch ist ihm sichtbar wichtig.

«Bedeutender Markt»

«In der Schweiz und Liechtenstein haben wir 24 Mitglieder. Die Länder sind für uns in jeder Hinsicht ein bedeutender Markt: freundschaftlich und geografisch betrachtet. Unsere Werte sind hier besonders gut verkörpert.» Das erste Schweizer Mitglied habe man bereits 1975 begrüssen dürfen. «Schweizer Mitglieder bleiben in der Regel sehr lange.»

Was macht eigentlich «Relais & Châteaux» so einzigartig? Es gibt ja Gütesiegel, Marketing-Verbünde oder veritable Hotelketten «en masse».

Durchschnittlich 40 Zimmer

«Erstens», entgegnet Gardinier, sei man «eine Vereinigung und kein Unternehmen». Auch in den Ländern sind die Mitglieder in regionalen Vereinigungen zusammengeschlossen. Man lege Wert darauf, dass sich die Mitgliedshäuser mit durchschnittlich 40 Zimmern in einer «menschlichen Grösse» bewegten.

«Relais & Châteaux» biete seinen Mitglieds-Hotels und -Restaurants rund 60 wertvolle Programme und Dienstleistungen an. Und das Label helfe auch dabei, dass ein Haus auf den Radar von Gästen und Touristikern komme und bleibe.

Gastronomisches Restaurant ist Pflicht

«Darüber hinaus ist die gastronomische Dimension sehr wichtig.» Abgesehen von wenigen Ausnahmen in Innenstädten, müsse jedes Hotel über ein gastronomisches Restaurant verfügen. Die Küche müsse dabei stark in die Kultur integriert sein und lokale, saisonale Erlebnisse bieten. «So etwas wie eine ‹internationale Küche› gibt es bei uns nicht.»

Bei reinen Restaurants besteht die Mindestanforderung aus zwei Michelin-Sternen. In Ländern, wo es keinen Guide Michelin gibt, müsse ein «gleichwertiges Niveau» gewährleistet sein.

Jährlich 600 Bewerber

Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal sieht Gardinier, dass man sich nicht an starren Standards orientiere, sondern am Gäste-Erlebnis und der Philosophie der Vereinigung: «Wir passen uns an, um das Beste an Gastfreundschaft in jedem Haus zu finden. Und die Kunst des Empfangens ist in Südafrika nicht dieselbe wie in Japan.»

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Laurent Gardiniers «Domaine Les Crayères» in Reims. (Bild zVg)

Jährlich bewerben sich laut dem «Relais & Châteaux»-Präsidenten rund 600 Häuser bei «Relais & Châteaux», was in etwa der aktuellen Mitgliederzahl entspricht. «Die wenigsten nehmen wir auf.» Im Bereich der Restaurants habe man auch schon Häuser mit drei Michelin-Sternen abgelehnt, «weil sie nicht zur Philosophie von ‹Relais & Châteaux› gepasst haben.»

Empfehlungen für den Sommer

Wir möchten von Herrn Gardinier wissen, ob sich derzeit weitere Schweizer Häuser bewerben. «Ja, aber wir geben dazu keine Namen bekannt. Das ist ein sehr diskreter Prozess.»

Er selbst, erzählt der Präsident von «Relais & Châteaux», werde seine Sommerferien in Italien verbringen. Er empfiehlt, die Amalfiküste zu besuchen. Da sei man «mit zwei sehr schönen Hotels vertreten, dem ‹Borgo Santandrea› und ‹Il San Pietro di Positano›».

Bei Louboutin in Portugal

Aber auch der Süden Portugals sei im Sommer sicher eine Reise wert. «Zum Beispiel das Hotel ‹L’AND Vineyards›, das wunderschön ist, oder das ‹Hôtel Vermelho›, ebenfalls ein prächtiges Hotel, das gerade vom berühmten Schuhdesigner Christian de Louboutin restauriert und übernommen wurde.»

Wer etwas weiter weg reisen möchte, für den empfehle sich zum Beispiel das «Relais & Chateaux The inn of the Five Graces (Luminaria Villa)» in New Mexiko, oder dann die «Relais & Châteaux» in Miami oder in Mexiko: «Egal, wohin Sie reisen, Sie werden bei uns immer ein Haus finden, das Sie willkommen heisst und Ihnen das Beste seiner Kultur und seiner Region bietet.»