Die Superreichen von heute sind mobil. Das hat weitreichende Folgen für Banken und Finanzplätze, die auf diese Klientel angewiesen sind.
Die Corona-Pandemie und die geopolitischen Turbulenzen in den vergangenen Jahren haben dazu geführt, dass noch nie so viele vermögende Menschen – sogenannte High-Net-Worth-Individuals (HNWIs) – ihrer Heimat den Rücken gekehrt und sich in einem anderen Land niedergelassen haben. Als HNWIs gelten Menschen mit einem investierbaren Vermögen von mehr als 1 Million Franken.
Schätzungen gehen davon aus, dass allein in diesem Jahr rund 122'000 HNWIs bereits umgezogen sind oder noch umziehen werden. Das ist mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Damals waren es 51'000 HNWIs gewesen, wie dem Private Wealth Migration Report des international tätigen Beratungsunternehmens Henley & Partners zu entnehmen ist.
Tektonische Verschiebung
Diese tektonische Verschiebung des Geldadels hat einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der internationalen Finanzplätze und damit auch auf die Bankbranche. Denn wer an den «Millionärs-Hotspots» der Zukunft nicht präsent ist, wird im Wettbewerb um Marktanteile in der Vermögensverwaltung (Wealth Management) das Nachsehen haben.
Am meisten Millionäre verliessen in diesem Jahr China (-13'500), gefolgt von Indien (-6'500), Grossbritannien (-3'200) und Russland (-3'000). Die Gründe dafür sind einerseits die geopolitische Unsicherheit, namentlich in Russland, China und Grossbritannien (Brexit), sowie andererseits der Grad an wirtschaftlicher Freiheit, gemessen an der Steuerbelastung, der jeweiligen Behörden-Bürokratie und den Investitionsmöglichkeiten im jeweiligen Land.
Beispiel Griechenland
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Vor diesem Hintergrund sind Australien (+5'200), die Vereinigten Arabischen Emirate (+4'500), Singapore (+3'200) und die USA (+2'100) die Nutzniesser, wie der obigen Grafik von «Visual Capitalist» zu entnehmen ist. In diese Länder strömen in diesem Jahr die meisten Millionäre (vgl. obige Zahlen in Klammern). Diese Entwicklung wird begünstigt durch die jeweilige Praxis im Umgang mit Wohnsitzniederlassungen oder der Vergabe von Reisepässen.
Das zeigt sich sehr anschaulich am Beispiel Griechenlands: Das Land verfügt zwar nicht über die mondäne Anziehungskraft der oben erwähnten Staaten, bietet jedoch ein «Golden Visa Programm» an, das offensichtlich für HNWIs attraktiv ist. Mit einer Investition in lokale Immobilien-Projekte von rund 250'000 Euro erhalten vermögende Leute eine Wohnsitzniederlassung in dem Land.
Damit erhofft sich Griechenland bis Ende 2023 insgesamt 1'200 neue HNWIs. Der Zuzug von vermögenden Privatpersonen führt über die Zeit zu spürbaren Wachstumsimpulsen in einem Land.
Schweiz an fünfter Stelle
Die Schweiz rangiert gemessen am Zuzug von Millionären im laufenden Jahr auf Rang 5 – hinter den USA. Bis Ende 2023 sollen 1'800 HNWIs in das Land strömen. Vergleichbare Programme für «Immigration by Investment» wie es sie in anderen Ländern gibt, existieren hierzulande nicht. Doch in manchen Kantonen ist nach wie vor eine Pauschalbesteuerung möglich – und nach zehn Jahren in der Schweiz ist eine Einbürgerung möglich.