Jetzt bringen Sie einen neuen Gin auf den Markt. Der Boom bei diesem Getränk ist mittlerweile am Abflachen. Hat die Welt wirklich noch auf den Aberturret Gin gewartet?

Historisch ist es so, dass der Gin ursprünglich aus Schottland kommt, obwohl er häufig «London Dry Gin» genannt wird. Die Whiskybrennereien haben ihre Kapazitäten schon sehr früh eingesetzt für diese Spirituose, die innert eines Monats abgefüllt werden kann, nicht so lange gelagert werden muss, und rascher zu Einkommen führt. Mit dem The Aberturret Gin knüpfen wir also an die gemeinsame Geschichte des Whiskys und des Gins an. Sie sehen der Flasche an, dass man ihn gut in einer gehobenen Bar positionieren kann. Er ist auch geschmacklich so komponiert, dass er sich hervorragend für die Cocktail-Klassiker Dry Martini und Gin Tonic eignet.

Auf welche Märkte zielen Sie damit ab?

Wir müssen ihn nicht millionenfach verkaufen. 100’000 Flaschen pro Jahr sind unser aktuelles Ziel. Für uns ist Gin ein Ergänzungsprodukt zum Whisky, das nebenher im Vertriebskanal läuft. Den ersten Batch von 60’000 Flaschen haben wir auf diese Weise schon fast vollständig platziert. In der Schweiz ist der Globus ein wichtiger Partner für die Distribution.


«In der Kronenhalle Bar wird man unseren Aberturret Gin finden»


Und wir haben ja eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Kronenhalle, für die Glenturret den Jubiläums-Whisky abgefüllt hat. Man dürfte den Aberturret Gin also auch in der Kronenhalle Bar finden. Und natürlich in unseren eigenen Restaurants.

Zurzeit lassen Sie den Gin in Edinburgh herstellen.

Wenn er sich etabliert, werden wir in der alten Kutscherhalle des Aberturret House eine eigene Destillerie für den Gin errichten, die man auch besuchen kann. In fünf Minuten gelangen Sie über eine kleine Brücke von der Glenturret-Whisky-Destillerie zum Aberturret Estate House mit der Gin-Destillerie. So etwas gibt es bis jetzt nicht in Schottland.

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Erster Batch von 60'000 Flaschen: Der neue Gin The Aberturret. (Bild: zVg)

500’000 Flaschen Whisky, 100’000 Flaschen Gin, ein Gästehaus mit sechs Zimmern: Ihr Motto ist «klein, aber fein»?

Wir zielen nicht auf die Masse. Wenn Sie das Walt-Disney-Erlebnis wollen, dann besuchen Sie Johnny Walker. Das Glenturret Lalique Restaurant hat maximal 30 Plätze und ist nur an vier Tagen geöffnet. Wir wollen es exklusiv halten. Zusätzlich bieten wir unseren 70'000 jährlichen Besuchern mittags ein Self-Service-Restaurant mit gutbürgerliche Küche und schottischen Spezialitäten wie Haggis und Scotch Broth.

Neu verfügen Sie auch über ein Gästehaus auf dem Aberturret-Gelände. 3’000 Pfund pro Nacht scheint ein freundlicher Preis.

Also ein Bed & Breakfast ist es nicht… In der Regel mietet man es nicht für eine Nacht, sondern für mindestens ein Wochenende. Wir haben damit ja auch einen ziemlichen Aufwand im Service.


«Schottland-Erlebnis auf höchstem Niveau»


Die Gäste erhalten hier ein Schottland-Erlebnis auf höchstem Niveau, mit dem Restaurant und der Destillerie, speziellen Erlebnissen in den Highlands… Sie sollen Glenturret als Botschafter wieder verlassen. So betrachtet ist es auch ein Marketing-Tool.

Sprechen wir noch über Zürich: Ende letztes Jahr haben Sie die Lalique Boutique an einem neuen Standort eröffnet, im Haus Appenzell, mitten im Herzen des Finanzplatzes. Wie bewährt sich das?

Zuvor waren wir ja zehn Jahre lang in der Talstrasse. Der Laden war deutlich grösser und ausserhalb der Fussgängerzone. Wir wollten etwas näher ans Zentrum. Die offizielle Adresse des Hauses Appenzell ist ja die Bahnhofstrasse. Unser neuer Laden ist ein Drittel kleiner und die Miete entsprechend tiefer. Und der Umsatz hat sich verbessert, weil wir mehr Laufkundschaft haben.

Wer sind die Kunden?

Wir haben vor allem Kundschaft aus Zürich und Umgebung, welche die Marke und ihre Produkte kennt und schätzt. Und die Bahnhofstrasse ist für Zürcher Verhältnisse ja so etwas wie eine Champs Elysées im Kleinen, die viele Touristen anzieht. Wir hoffen natürlich, dass auch das neue Hotel Florhof unseren Laden in der Innenstadt zusätzlich belebt.

Der Zürcher Fussabdruck von Lalique wird nächstes Jahr nochmals deutlich markanter, wenn Sie den Florhof neu eröffnen. Wie sieht das Konzept aus?

Er wird als kleines Lalique-Hotel gestaltet mit 14 grösseren, individuellen Zimmern und einem Fine-Dining-Restaurant im ersten Stock. Natürlich kommen unsere Weine, Spirituosen, Gläser und unsere Inneneinrichtung zum Zuge.

Warum haben Sie den Florhof gekauft?

Mich faszinieren alte Gemäuer. Die Villa René Lalique ist ein hundertjähriges Riegelhaus, entworfen und erbaut von René Lalique. Auf Lafaurie-Peyraguey haben wir ein Château, dessen bewegte Geschichte bis 1433 zurückreicht. Der Florhof ist seit 1441 aktenkundig. Es gibt alte Darstellungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, als sich das Gebäude mit einem Turm vor dem Schutzwall von Zürich erhob. Später war es der Stammsitz wichtiger Unternehmer-Dynastien wie der Seiden-Fabrikaten Lavater-Oeri… Und seit anfangs des 20. Jahrhundert wurde darin eine Pension und später ein Hotel betrieben. Die Tradition zu wahren und das Haus in ein neues Zeitalter zu bringen, ist extrem spannend.

Wie sieht es mit den Auflagen des Denkmalschutzes aus?

Die Liegenschaft wurde im Jahr 1973 grundlegend renoviert und 1974 unter Denkmalschutz gestellt. Insofern sind wir von der Denkmalpflege nicht allzu stark eingeschränkt. Aber wir restaurieren natürlich sehr behutsam und mit Wertschätzung vor der historischen Aussenfassade, den Stuckaturen, den alten Öfen und Türen.

Worauf können sich die Zürcherinnen und Zürcher freuen?

Peter Spuhler und mir ist es wichtig, dass der Florhof nach wie vor ein Zuhause für die Zürcher Bevölkerung ist, wie das die früheren Besitzer, die Familie Beckel, über 120 Jahre gehalten hat.


«Auch Züri-Geschnetzeltes und Bratwurst»


Das Erdgeschoss wird populär gestaltet. Wir haben eine Smoker’s Lounge, eine grosse Bar, wo auch regionale Gerichte wie Züri-Geschnetzeltes oder Bratwurst serviert werden. Draussen wird im Sommer eine Lounge, eine lauschige Gartenwirtschaft, betrieben, mit vielleicht 40 bis 50 Plätzen. Qualitativ alles auf hohem Lalique-Niveau, aber gleichzeitig auch sehr zugänglich. Es soll nicht elitär wirken.

Was planen Sie beim Fine Dining? Sie sind ja der einzige Gastro-Unternehmer weit und breit, der es geschafft hat, drei Restaurants mit zwei Michelin-Sternen zu kreieren. Ist das auch in Zürich die Ambition?

Ja, das ist klar die Ambition. In unseren bisherigen Betrieben haben wir drei sehr unterschiedliche Köche: Mark Donald hier in Glenturret – ein Schotte wie er im Buche steht, sehr bodenständig. Dann Paul Stradner im Wingen, aus einer Grazer Bauernfamilie, der seinen Weg gemacht hat. Und im Bordeaux Jerôme Schilling, einen Elsässer mit einer sehr typischen französischen Handschrift. Mir ist es wichtig, dass sich jeder dieser Charaktere verwirklichen kann. Es muss individuell sein. Ich rede ihnen nicht rein. Ausser beim Weinkeller – den machen wir zusammen mit unseren Sommeliers.

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Im Rekordtempo zu zwei Sternen: Mark Donald, Chef im The Glenturret Lalique Restaurant. (Bild: schnapps photography)

Es wird also auch im Florhof kein Igniv by Caminada oder so ähnlich geben?

Nein. Ich mag Andreas Caminada sehr gerne und bin mit ihm befreundet. Im Florhof will ich aber etwas Neues schaffen, wo sich ein junger Koch neu verwirklichen kann und Ambitionen entwickelt. Ein Koch ist für mich wie ein Künstler. Er kann sich nur entfalten, wenn man ihm die Freiheit gibt. Klar, ergeben sich dadurch langfristig neue Möglichkeiten: Ein Eight-Hands-Dinner, oder ein einwöchiges Festival mit allen vier Köchen oder etwas in der Art… Wir haben junge Köche, die innovativ sind. Sie challengen sich gegenseitig und spornen einander an. Einige der jetzigen schielen jetzt in Richtung drittem Stern. Mal sehen, ob es klappt. Mir macht es Freude, mit solch kreativen Leuten zusammenzuarbeiten.

Namen für den Florhof nennen Sie noch nicht?

Wir sind in der Evaluationsphase. Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende Jahr etwas ankündigen können.


Silvio Denz wurde 1956 in Basel geboren und wuchs im aargauischen Münchwilen auf. Mit 28 Jahren übernahm er das Familien-Unternehmen Alrodo und baute dieses zur grössten Parfümeriekette der Schweiz aus mit 120 Filialen, bevor er es im Jahr 2000 an die französische Marionnaud verkaufte. Im gleichen Jahr gründete er unter dem Namen Art & Fragrance SA seine spätere Lalique Group, die im Jahr 2008 die Kristallmanufaktur Lalique im Elsass übernahm und die seit Juni 2018 an der SIX Swiss Exchange kotiert ist. Die Lalique Group erwarb vor fünf Jahren gemeinsam mit dem Medtech-Milliardär Hansjörg Wyss die Whisky-Brennerei The Glenturret in Schottland. Seit den Neunzigerjahren ist Denz auch Eigentümer verschiedener Weingüter. Seine Weine sind bei Denz Weine in Zürich erhältlich. Privat besitzt der Unternehmer die weltweit grösste Privatsammlung an historischen Parfüm-Flakons von René Lalique sowie einen Weinkeller mit über 35'000 Flaschen. Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» listet ihn regelmässig unter den 300 reichsten Schweizern auf.