Die Investmentbanker der Credit Suisse müssen punkto Boni nicht darben. Nun kommen noch Tausende Dollar für Jungbanker dazu. Die Schweizer Grossbank folgt hier einem neuen Branchentrend.
Dieses Memo brachte gute Neuigkeiten für die Mannschaften, die bei der Credit Suisse (CS) im Firmenkunden- und Kapitalmarkt-Geschäft malochen: Einem internen Schreiben vom (gestrigen) Mittwoch zufolge erhalten Jungbanker und Investmentbank-Mitarbeitende bis ins mittlere Kader eine einmalige Überweisung von 20’000 Dollar.
Lockerere Auftritt, mehr Lohn
Mit dieser «Lifestyle-Pauschale», die im zweiten Quartal ausgeschüttet wird, soll die Mehrbelastung in den letzten Monaten belohnt werden. Die Zeit war von einem Nachholeffekt bei Fusionen und Firmenübernahmen (M&A) und erschwerten Arbeitsbedingungen während der Coronakrise geprägt.
Laut dem Branchen-Magazin «Business Insider» (Artikel bezahlfplichtig) dürfen Investmentbanker unterhalb des Rangs eines Managing Director zudem mit Lohnerhöhungen rechnen. Auch die Bekleidungsvorschriften werden gelockert.
Wie Plankton
Angesichts des Gewinnrückgangs bei der Schweizer Grossbank im letzten Jahr und dem Debakel um die CS-Greensill-Fonds, in die auch das Investmentbanking verstrickt ist, mag die Freigebigkeit erstaunen. Zumal, da die Boni in der Sparte teils gestiegen sind, während der Konzern den gesamten Pool für die Ausschüttungen um 7 Prozent kürzte. Wie sich zeigt, folgt die CS mit der Zahlung einem Branchentrend: Die Wall Street hat dieser Tage ihr Herz für Jungbanker entdeckt.
In der tradierten Futterpyramide des Investmentbanking gelten diese «Analysts» als Plankton und werden entsprechend hart an die Kandare genommen – Overnighter, das Durchmachen am Arbeitsplatz, ist keine Seltenheit. Mit den Restriktionen der Coronakrise und dem Boom im Wertschriftenhandel sowie im M&A-Geschäft hat die Belastung noch zugenommen. Unter anderem, weil die regulären Arbeitszeiten verschwimmen, wie auch finews.ch berichtete.
Geld für den Cross-Trainer
Bei der renommierten US-Investmentbank Goldman Sachs haben 13 Jungbanker seither den Aufstand gewagt und sich über Erschöpfung nach 100-Stunden-Wochen beklagt. Anstatt die Schar gleich zu feuern, meldete sich Bankchef David Solomon persönlich zu Wort – und zeigte Verständnis. Er versprach seinen jungen Talenten ein geschütztes Wochenende zwischen Freitag 9 Uhr abends und 9 Uhr morgens am Sonntag.
Seither überschlägt sich die Konkurrenz mit ähnlichen Lockerungen. Jane Fraser, die neue Chefin der amerikanischen Grossbank Citigroup, verfügte ein Zoom-Verbot an Freitagen (Kundengespräche müssen weiterhin übers Telefon geführt werden) sowie eine zusätzlichen Ferientag. Dies solle helfen, Mitarbeitende vom Burnout zu schützen. Der US-Broker Jefferies verteilt derweil Gutscheine, mit denen sich Banker unter anderem Ausrüstung fürs Training zuhause anschaffen können.
UBS mit mehr Diversität
Auch die UBS springt, zumindest in den USA, auf den Trend zu mehr Mitarbeiterfreundlichkeit auf. Wie die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, will die grösste Bank in Übersee dabei auch tiefgreifender Problemstellungen wie Diversität, flexible Arbeitszeiten und soziales Engagement angehen.
Vergangenen Herbst hatte die Grossbank als Zeichen der Wertschätzung für den Einsatz in der Coronakrise einen einmaligen Barbetrag in Höhe eines Wochenlohns an die Angestellten überwiesen. Die Gesamtkosten der Aktion beliefen sich auf rund 30 Millionen Dollar.
Mit mehr Geld auf mehr Arbeitsbelastung zu reagieren, ist ein bewährter Reflex im Investmentbanking. Den Ansprüchen einer neuen Generation von Bankern und den Tatsachen, welche die Coronakrise im Arbeitsalltag geschaffen hat, dürfte dieses Vorgehen aber nicht mehr genügen. Entsprechend muss sich weisen, ob die grossen Akteure der Branche bereit sind, tiefergreifende Veränderungen bei der Behandlung des Personals vorzunehmen.
Fintech voraus
Die agile Fintech-Konkurrenz ist hier bereits vorgeprescht. Die auch in der Schweiz aktive britische Neobank Revolut etwa verkündet unlängst die totale Flexibilität des Arbeitsorts, ganz nach der Devise: «work from anywhere».
Institutionalisiert wird das flexible Arbeiten hierzulande beim grössten Sachversicherer Axa. Angestellte werden nur noch zu 40 Prozent des Pensums im Büro erwartet, und der Versicherer zahlt an die Einrichtung des Home-Office. Von solch konkreten Massnahmen ist die Bankenwelt noch ein Stück weit entfernt.