Der «Guide Michelin» vollzieht seinen Markteintritt in Österreich. Dem örtlichen Platzhirsch «Falstaff» passen die Umstände gar nicht. Herausgeber Wolfgang Rosam macht seinem Ärger in einem geharnischten Newsletter Luft.

Eine gewisse Konkurrenz zwischen gastronomischen Führern ist per se kein neues Phänomen. In der Schweiz ist das Muster zwischen der örtlichen Gault-Millau-Franchise, die unter dem berüchtigten Gourmet-Papst Urs Heller bei Ringier angesiedelt ist, und dem Guide Michelin bekannt.

Neu an den derzeitigen Vorgängen in Österreich ist, dass die Rivalität coram publico, in der Öffentlichkeit also, ausgetragen wird.

Amador und Weissgeber mit drei Sternen

Hintergrund ist, dass der Guide Michelin, weltweiter Fixstern für die Freunde des guten Essens, seit neuestem wieder flächendeckend in Österreich präsent ist. Gestern publizierte er seine Bewertungen. Juan Amador vom «Amador» in Wien hatte, gewissermassen extraterritorial, bereits in vergangenen Jahren drei Sterne erhalten. Neu glänzt auch das «Steirereck im Stadtpark» (ebenfalls in Wien) mit Patron Heinz Reitbauer und Küchenchef Michael Bauböck mit dieser Spitzenbewertung.

Aber auch sonst wird der Sternenhimmel über Österreich reich behangen: Über 13 neue 2-Sterne-Restaurants und 53 neue 1-Stern-Restaurants freut sich Gwendal Poullennec, Internationaler Direktor des Guide Michelin.

Newcomer in den Senkel gestellt

Dem Sterneregen vorausgegangen ist allerdings eine Kontroverse mit dem Magazin Falstaff. Dessen Herausgeber Wolfgang Rosam hat von Österreich aus mit viel Fleiss und unternehmerischem Geschick ein publizistisches Genuss-Imperium erschaffen, dass den ganzen deutschsprachigen Raum abdeckt – unter anderem eben auch mit Restaurantbewertungen.

In einem Newsletter, den Rosam höchstpersönlich am vergangenen Mittwoch verschickte, stellte er den Newcomer in den Senkel: «Schon Mitte der 2000er-Jahre zeichnete der wichtigste Restaurantführer der Welt, der zum Reifenproduzenten Michelin gehört, Österreichs Gastronomie aus. Die Franzosen zogen sich nach einem kurzen Gastspiel jedoch wieder aus der Alpenrepublik zurück, weil ‹nicht profitabel›.»

2,1 Millionen Euro in drei Jahren?

Was Rosam stört: Die neue Österreich-Ausgabe des Guide Michelin, die ausschliesslich online erscheine, werde «grosszügigst von der Tourismuswirtschaft subventioniert». Der «französische Milliardenkonzern» erhalte in den ersten drei Jahren total 2,1 Millionen Euro.

Dann packt der Falstaff-Herausgaber das grosse Tranchiermesser aus, indem er dem Guide Michelin ein Dasein als Trittbrettfahrer vorwirft: Falstaff habe seine «Bewertungen, die den französischen Testern wohl eine gute Informationsbasis liefern, gratis und auf eigenes Unternehmerrisiko» angefertigt.


Subventioniert? Guide-Michelin-Direktor Poullennec. (Bild: zVg)

«Fortsetzung folgt.»

«Politisch wird sich niemand darüber aufregen, denn die Tourismus Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) holte sich für diese einzigartige Vorgangsweise sicherheitshalber einen einstimmigen Beschluss aller Parteien im Parlament.» Und, Rosam weiter: «Fortsetzung folgt.» Man darf gespannt sein.

Was sagt der Guide Michelin zum Thema? Auf Anfrage von finews.ch schreibt eine Sprecherin: «Wir denken nicht, dass wir in Konkurrenz zu Falstaff stehen.» Der Guide Michelin vergebe seit dem Jahr 1927 seine Sterne-Bewertungen für exzellente Küche.

Guide Michelin: «Kein Konkurrenzverhältnis»

Rosams Vorwurf des Trittbrettfahrens stellt der Guide Michelin in Abrede: «In all unseren Selektionen weltweit und nun auch in Österreich fokussieren wir uns auf die Qualität unserer Arbeit sowie die jahrzehntelange Erfahrung welche unsere internationalen, professionell angestellten Inspektoren mitbringen. Wir machen uns stets ein eigenes Bild vor Ort, um die besten Adressen für die Gäste zu finden.»

In Sachen Subventionen der öffentlichen Hand hält sich die Sprecherin eher bedeckt: «Es gibt weltweit einige Selektionen, welche Michelin in Zusammenarbeit mit öffentlichen Organisationen veröffentlicht. Welche das sind sowie vertragliche Details werden wir nicht kommentieren.»

Zeichen auf Entspannung?

Ist in Österreich ein Krieg der Sterne ausgebrochen? Ganz so heiss, wie sie gekocht wurde, wird die Suppe offenbar doch nicht gegessen: Nachdem der Michelin-Sternenregen dann schliesslich über Österreich niedergegangen war, vermeldete dies auch Falstaff durchaus freundlich.