Wein ist zum Geniessen da, würde man meinen. Weit gefehlt. Edle Tropfen werden auch als Investment gekauft. Wer damit einen Gewinn erzielen will, sollte aber einige wichtige Regeln beachten, schreibt Weinakademiker Peter Keller auf finews.ch.

Das waren noch goldene Zeiten: Für eine Flasche Château Margaux 1990 musste in der Subskription (im Vorabverkauf) rund 90 Franken bezahlt werden. 20, 25 Jahre später erzielte der Premier Cru classé aus dem Bordelais an Auktionen Preise bis zu 1'000 Franken. Da lohnt es sich, Wein als Wertanlage einzusetzen.

So einfach ist die Geldvermehrung heute aber nicht mehr, weil die Schlösser ihre Preise ab Gut massiv angehoben haben. Wer einen Teil seines Vermögens in edle Tropfen investieren und kein Geld verlieren will, muss zudem zahlreiche Regeln beachten. Meine zehn Tipps:

1. Insiderkenntnisse ratsam

Es ist unabdingbar, sich auf dem Weinmarkt auszukennen. Ohne einem guten Weinwissen und entsprechenden Insiderkenntnissen ist es ratsamer, die Finger von einem solchen Investment zu lassen.

2. Wenige Weine

Nur wenige Weine kommen in Frage. Zu dieser Gruppe gehören vor allem die bekanntesten Bordeaux-Blue-Chips wie Château Margaux, Lafite-Rothschild, Cheval-Blanc, Pétrus und wie sie alle heissen. Geeignet sich auch gewisse Burgunder wie die raren Weine der Domaine de la Romanée-Conti und vereinzelte Ikonen aus Italien wie Sassicaia und Angelo Gaja.

3. Jahrhundert-Jahrgänge mit Potenzial

Wertsteigernd sind lediglich exzellente oder die in Medien ausgerufenen Jahrhundert-Jahrgänge. Beispiele dafür sind im Bordelais 1961, 1982, 1990 oder 2000. Aus jüngeren Jahren haben 2009, 2010 und 2016 ein Potenzial.

4. Langer Atem gefragt

Ein Wein muss über Jahrzehnte reifen und qualitativ zulegen können. Wer in edle Tropfen investiert, braucht einen langen Atem – 20 bis 30 Jahre sind das Minimum. Im Laufe der Zeit nimmt die Zahl der Flaschen stetig ab, weil ja davon auch getrunken wird.

5. Abgang einer Koryphäe

Spekulations-Potenzial hatten früher Gewächse, die der US-Kritiker Robert Parker vom «Wine Advocate» sehr hoch (98 bis 100 Punkte) bewertet hatte. Nach seinem Rückzug und dem Verkauf der Publikation ist der Einfluss zurückgegangen, aber immer noch bedeutend.

6. Ganze Kisten kaufen 

Erwerben Sie, wenn immer möglich, ganze Kisten mit sechs oder zwölf Flaschen. Bei einem Verkauf erzielt man damit einen besseren Preis als mit Einzelflaschen.

7. Hände weg von Internet-Anbietern

Kaufen Sie Weine ausschliesslich bei seriösen Händlern und bekannten Auktionshäusern. Am idealsten ist es, wenn man weiss, woher die Weine kommen, und wie sie gelagert wurden. Hände weg von Angeboten bei irgendwelchen Internet-Anbietern.

8. Kleingeld erforderlich

Wer mit Weinen reich werden will, braucht das nötige Kleingeld. Wer nicht mindestens 20'000 Franken, besser 50'000 Franken, investieren kann, sollte stattdessen Wein geniessen.

9. Klimatische Bedingungen

Eine gute Kellerlagerung mit kühlen Temperaturen, keinen Temperaturschwankungen und eine ideale Luftfeuchtigkeit von rund 70 Prozent garantieren dafür, dass der Wein optimal also ohne Flaschenschwund reifen kann und die Etiketten einwandfrei bleiben. Nur solche Flaschen erzielen die besten Preise an Auktionen und sind überhaupt verkäuflich. Auch beschädigte Kapseln vermindern den Preis.

10. Beschränkte Liquidität

Wein wird nicht regelmässig an Börsen gehandelt wie Wertpapiere. Der Markt für edle Tropfen ist bei weitem nicht so liquid. Es ist auch aufwändig, die gelagerten Kisten dem Auktionator auszuliefern. Weine kommen nur an bestimmten Tagen unter den Hammer. Wer plötzlich und unverhofft Flüssiges braucht, sollte Wein als Investment nicht in Betracht ziehen.


Peter Keller ist Weinakademiker und Weinredaktor der «NZZ am Sonntag».