Das schnelle Wellness-Wochenende zwischendurch ist so was von out. Wer etwas auf sich hält, der bucht jetzt Reisen ins innerste Ich.
Was man aus Ferien bisher zurückgebracht hat: Sonnenbräune, einen ruhigeren Puls und einige Pfunde mehr, schlimmstenfalls Listerien oder eine gehackte Kreditkarte. Künftig könnte es sein, dass einer sein besseres Ich entdeckt und mit nach Hause nimmt.
Dies jedenfalls, wenn statt dem Spa im Südtirol oder dem kinderfreien Resort auf den Malediven eine so genannte «transformative Reise» gebucht wird. Diese neue Art von Trips, ist der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) zu glauben, könnte bald schwer in Mode kommen. Dabei muss, wie sich zeigt, nicht einmal auf Luxus verzichtet werden.
Von 5'000 Dollar an aufwärts
So kosten die transformativen Trips beim spezialisierten US-Anbieter Black Tomato von 5'400 Dollar an aufwärts. Doch was ist schon Geld, wenn auf den Reisen gefunden wird, was der Prospekt verspricht: die schlummernde Kreativität, der verschüttete Entrepreneursgeist, und nicht zuletzt das Gegenmittel gegen die midlife crisis.
Damit wird deutlich – bei dieser neuen Art Tourismus werden keine Destinationen bereist, sondern Zustände. Obwohl: Kilometer gefressen wird natürlich auch beim transformativen Reisen. So findet sich laut Black Tomato die beste Balance zwischen privatem und Berufs-Ich im dänischen Kopenhagen, familiäre Bindungen lassen sich derweil ideal in der mongolischen Steppe stärken. Und unternehmerische Inspiration vermitteln isländische Gletscher am besten.
Der Reiseleiter ist jetzt der Coach
Die Firma führt auch klimatische angenehmer klingende Destinationen wie Marokko oder Ibiza im Reise-Portefeuille. Am Ende zählt aber die Mission, the mission, und sinnigerweise heisst das Angebot von Black Tomato auch «bring it back».
Wenn die Reise zur Therapie wird, darf natürlich auch der Therapeut nicht fehlen. Das bedeutet ein massives job-enrichment für den Reiseleiter, der bisher nur sein Fähnchen schwenken durfte, beim transformativen Reisen aber Coach heisst.
Begrenzt massentauglich
Ganz wichtig ist auch die Interaktion mit den Einheimischen vor Ort. Nach dem Bad in den heissen Quellen Islands erklärt etwa ein Jungunternehmer, wie er beim Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull alles verlor, dann aber quasi auf der Vulkanasche sein neues Startup gründete. Das zieht, sagen die Macher, auch deshalb, weil die neue Reiseform gut zum Ruf nach mehr Achtsamkeit und innerer Ruhe im Alltag passt.
Nur: Massentauglich ist diese Reiseform nicht. Anbieter führen nur eine Handvoll Trips pro Jahr durch, sollen diese ja auf die Gäste zugeschnitten sein. Da findet vielleicht eine Mutter in einer japanischen Töpferei Hinweise, wie sie mit ihrem pubertierenden Sohn zurechtkommt. Die meisten anderen halten da am Ende nur eine schiefe Vase in den Händen.