Für die Search-Inside-Yourself-Seminare stehen die Angestellten bei Google Schlange. HR-Expertin Angelika von der Assen will die Methode nun auch zu Schweizer Banken tragen. Für Softies ist das nichts.
Am Anfang war der Meister: Chade-Meng Tan (siehe Bild unten), bei Google als «Employee 107» einer der ersten Angestellten überhaupt. Allein deswegen wird der aus Singapur stammende IT-Ingenieur beim amerikanischen Suchmaschinen-Giganten von allen verehrt. Kultstatus geniesst Tan unter «Googleianern» aber aufgrund des von ihm entwickelten Trainingsmoduls «Search Inside Yourself», kurz SIY.
Tans klassisches Programm hat drei Stufen. Achtsamkeits-Training durch Meditation, gefolgt von Selbsterkennung und Selbstbeherrschung, danach die Schulung der emotionalen Intelligenz. Und ganz am Ende – Weltfrieden. Auf die Ethikkomponente besteht Tan nämlich.
(Bild: Youtube)
Wem das zu esoterisch klingt, sollte bedenken: Google-Angestellte stehen Schlange für das «Google-Zen».
Stallgeruch obligatorisch
Das sind in der Mehrzahl keine Hippies, sondern hochgebildete Naturwissenschafter, die einem irren Arbeitstempo zu genügen haben. Sie kommen mit dem prosaischen Anspruch ins Training, dem Druck standzuhalten, Konflikte besser zu bewältigen und effektiver zu führen.
Die rund 100 Trainer, die Tans Methode in die Welt tragen, wurden ebenfalls nicht von der Yogamatte weg rekrutiert. Wer SIY lehren will, muss über mindestens 2'000 Stunden Meditationspraxis verfügen, aber auch eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaftswelt vorweisen können.
«Es ist wichtig, den richtigen Stallgeruch mitzubringen», sagt Angelika von der Assen gegenüber finews.ch.
Konfliktschulung für Schweizer
Die Ausbildung von Managern, das ist von der Assens Charge beim Schweizer Energiekonzern Axpo. Sie wirkt dort als Head of Management Development und führt als Selbstständige Seminare bei Firmen durch. Ausser Google Schweiz ist die Axpo bisher das einzige Grossunternehmen, das SIY hierzulande integral umsetzt.
Mit welchem Ziel? SIY-geschulte Manager und Angestellte können mit dem hektischen Berufsalltag besser umgehen, ist von der Assen überzeugt. «Ihre Achtsamkeit gegenüber dem Umfeld befähigt sie, fokussiert zu bleiben, Trends zu erkennen, innovative Lösungen zu entwickeln sowie schnelle und klare Entscheide zu treffen.»
Dabei würden die SIY-Schüler auch lernen, Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen. «Bei den tendenziell eher konsensorientierten Schweizern sticht das hervor», berichtet die Trainerin.
Zen für Trader
Für Unternehmen birgt das Training das Versprechen, noch effektivere und druckresistentere Führungskräfte heranzubilden. Es gibt verschiedentlich Berichte von Kursteilnehmern, die dank SIY ein Burnout überwinden oder abwenden konnten. Fordernden Chefs wie Google-Gründer Larry Page, der einst die Losung «das Unmögliche ignorieren wir» ausgab, kommt das bestimmt sehr gelegen.
In der Schweiz steht SIY derweil noch ein hartes Stück Arbeit bevor. «Wir sind in der First-Mover-Phase», erklärt von der Assen. Gerade in HR-Kreisen herrsche eine Scheu gegenüber dem Thema. «Man hat Angst, als Softie zu gelten, wenn man der Chefetage mit den Kursen kommt.» Am 15. und 16. Juni geht in Zürich ein SIY-Kurs über die Bühne, der wohl auch solche Ängste zerstreuen soll.
Was auch die UBS will
Auch mit einer Bank ist von der Assen im Gespräch. Sie sehe verschiedene Anwendungsmöglichkeiten in der Finanzbranche, führt die SIY-Trainerin aus. Im Handel etwa, wo die Qualität von Entscheiden unter Druck gewährleistet sein müsse, oder in der Compliance, wo die Achtsamkeit ein Muss sei. «Aber auch in der Kundenberatung, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen», so von der Assen.
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