Die weltgrösste Blankoscheck-Gesellschaft hat kein Übernahmeobjekt gefunden − und gibt nun auf. Weitere Spac werden wohl schon bald folgen.
Vor zwei Jahren schien es kein Halten zu geben. Zahlreiche Blankoscheck-Gesellschaften stürmten die Börse, und die Kurse schossen zeitweise in die Stratosphäre. Ob Hollywood-Grössen, Sportstars, Grossbanken oder Wallstreet-Koryphäen: Sie alle mischelten beim IPO-Boom mit. Doch die Grosswetterlage für die sogenannten Special Purpose Acquisition Companies (Spac) hat längst umgeschlagen, die damalige Euphorie ist verflogen. An der Börse hat der Spac-Boom für viele Anleger im Tal der Tränen geendet.
Deadline in Sichtweite
Zahlreiche Spac, die 2020 vor allem in den USA an die Börse gingen, müssen den Anlegern ihr Geld möglicherweise schon bald zurückzahlen. Denn die Blankoscheck-Gesellschaften haben zwei Jahre Zeit, um ein Unternehmen zu finden und eine Fusion abzuschliessen. Oder sie riskieren, ihre Investoren auszahlen zu müssen. Diese Fristen beginnen nun allmählich auszulaufen. Und viele Spacs haben bislang kein Übernahmeobjekt gefunden. Das ursprünglich beim Börsengang eingesammelte Geld ist in der Regel bei einem Treuhandfonds hinterlegt und wird verzinst, bis eine Fusion abgeschlossen ist und das Geld zur Wachstumsfinanzierung zur Verfügung steht.
Rückzahlung von 4 Milliarden Dollar
Einen Schlussstrich unter das Kapitel Spac zieht jetzt Hedgefonds-Manager Bill Ackman. Er hatte im Juli 2020 mit Pershing Square Tontine Holdings (PSTH) das grösste börsenkotierte Spac lanciert. Doch PSTH hat seither kein Übernahmeziel gefunden, das Ackmans Qualiltätsansprüchen gerecht geworden wäre.
In einem Brief an die Anleger schreibt er nun, «dass wir unser Kapital in Höhe von 4 Milliarden Dollar treuhänderisch an die Aktionäre zurückgeben, da wir nicht in der Lage waren, eine Transaktion abzuschliessen, die sowohl unsere Investitionskriterien erfüllt als auch durchführbar ist.» Der Rückzug von PSTH erfolgt nur wenige Wochen vor Ablauf der Deadline am 24. Juli. Diese Frist liesse sich noch bis zum 24. Januar 2023 erstrecken. Doch der Stecker wird aufgrund des widrigen Marktumfelds und der Reputationsschäden, die Spac generell erlitten haben, schon jetzt gezogen.
Von Aufsichtsbehörden gestoppt
Ackman versuchte zeitweise zwar, Spac neu zu erfinden, indem er eine Struktur schuf, die einige der Vergünstigungen für die Gründer abschaffte, die zunehmend ins Visier geraten waren. So wollte er sich mit dem eingesammelten Geld mit 10 Prozent an Universal Music beteiligen, ohne das Unternehmen an die Börse zu bringen. Dieses Vorhaben scheiterte aber am Widerstand der Aufsichtsbehörden.
Neuerlicher Anlauf
Doch Ackman steht angesichts eines «opportunistischen Investitionsumfelds» bereits wieder in den Startlöchern und will ein neues Vehikel lancieren, das nicht unter dem negativen Ruf der Spac leidet. «Wir arbeiten eifrig an der Gründung von Pershing Square SPARC Holdings», schreibt der Multimilliardär.
Das privat finanzierte Akquisitionsvehikel beabsichtige, öffentlich gehandelte, langfristige Optionsscheine, so genannte SPARs, auszugeben, heisst es im Brief. Diese würden SPAR-Besitzern die Möglichkeit bieten, Stammaktien des neu fusionierten Unternehmens zu erwerben, das aus einem Unternehmenszusammenschluss zwischen SPARC und einem privaten Unternehmen hervorgeht.
Erst der Anfang
Wie PSTH dürften in den USA weitere Spacs aufgrund der Deadlines für Übernahmen in den kommenden Monaten aufgelöst werden. Nach Angaben des US-Wirtschafsmagazins «Barron's» (Artikel bezahlpflichtig) haben 84 der 248 Spacs aus dem Jahr 2020 noch keine Fusion vollzogen. Diese Zahl umfasst 56 Blankogesellschaften, die noch keine Transaktion angekündigt haben, und 28, deren Übernahmen noch nicht abgeschlossen sind. Der Höhepunkt wird indes wohl erst nächstes Jahr erfolgen. Denn im Jahr 2021 gingen mehr als tausend Unternehmen an die Börse, darunter rekordhohe 613 Spacs.
Kein Problem für Schweizer Finanzmarkt
Mit VT5 gibt es in der Schweiz bislang nur eine kotierte Spac an der Schweizer Börse SIX. Auch sie hat noch kein Übernahmeziel gefunden. Hierzulande wird die Auflösung von Blankoscheck-Gesesellschaften daher kein grosses Thema werden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) während des Booms sinnigerweise quer gestellt und so lange Nachbesserungen der Anbieter gefordert hatte, bis die Euphorie schon wieder verpufft war.