Auch in der Finanzindustrie wird der Kampf um Talente härter. Gut ausgebildet, innovativ und flexibel sind die Attribute, nach denen gesucht wird. Und um solche Kandidatinnen und Kandidaten zu bekommen und zu halten, reicht eine hohes Einstiegsgehalt alleine nicht aus, wie eine neue Studie darlegt.
Bei der Fähigkeit der Länder, Humankapital anzuziehen, hat es in den vergangenen Jahren einige Umwälzungen gegeben. Einbrüche der Wirtschaft, politische Instabilität oder aussenpolitische Spannungen haben auch hier zu Veränderungen geführt.
Einkommen, Bildung, politische Stabilität, Lebensqualität und die immer wieder gerne zitiere «Work-Life-Balance» sind entscheidende Faktoren, wenn gut ausgebildete junge Menschen entscheiden, in welchem Land sie ihre berufliche Karriere starten oder voranbringen wollen.
Seit zehn Jahren an der Spitze
Doch es gibt die Ausnahme von der Regel: Laut der neuen Studie der renommierten französischen Wirtschafts-Hochschule Institut Européen d’Administration des Affaires (Insead) konnte die Schweiz dabei einmal mehr seinen Spitzenplatz verteidigen. Bereits seit zehn Jahren liegt sie in dem Wettbewerbs-Ranking um Talente vorn.
Als Gründe für den Spitzenplatz im «Global Talent Competitiveness Index 2023» verweisen die Autoren auf die Kategorien Hochschulen, Talentförderung und -bindung, soziale Absicherung sowie das Lebensumfeld. «Lebensqualität und Nachhaltigkeit werden in den nächsten zehn Jahren ein entscheidender Vorteil für diejenigen sein, die sich zu Talentzentren entwickeln wollen» heisst es in dem Bericht.
Europa dominiert die Top-10
Als attraktivste Länder in ihren jeweiligen Weltregionen liegen Singapur auf Platz zwei und die USA auf den dritten Rang. Für den asiatischen Stadtstaat spricht ebenfalls Einkommen, Hochschulen und die hochqualifizierten Arbeitskräfte. Die USA stechen vor allem mit ihren weltweit führenden Universitäten heraus.
Sieben der Top-Ten Länder sind europäisch, wobei mit Dänemark, Niederlande, Finnland, Schweden und Norwegen die skandinavischen Staaten dominieren. Auf Platz acht schiebt sich Australien vor Grossbritannien, das es noch knapp in die Spitzengruppe schafft.
Die Schweizer Nachbarländer Deutschland (Platz 14), Österreich (Platz 17), Frankreich (Platz 19) und Italien (Platz 32), verteilen sich über das bessere Mittelfeld.
Chinas und Indiens Position geschwächt
Die Wirtschaftsmacht China findet sich inzwischen nur auf dem 40. Rang wieder. Als Manko wird von den Autoren hier gesehen, dass die Fähigkeit des Landes nachgelassen habe, die Ausbildung und die Fähigkeiten der Menschen den Bedürfnissen und der Wissens-Nachfrage der Wirtschaft anzupassen. Russland, das seit anderthalb Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, findet sich auf Platz 52.
Das bevölkerungsreichste Land der Welt, die aufstrebende Wirtschaftsnation Indien, hat sich im Ranking zum dritten Mal in Folge verschlechtert und liegt nur noch auf Platz 103. Ein Stimmungseinbruch in der Wirtschaft habe die Fähigkeit des Landes behindert, Talente aus dem In- und Ausland anzuziehen.
Hohe Einkommen locken Talente
Die Autoren beklagen, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in Folge der Corona-Pandemie und dem damit zusammenhängenden Konjunktureinbruch weltweit wieder zugenommen habe. Auch im Verhältnis des globalen Nordens und Südens gebe es wieder ein wachsendes Ungleichgewicht.
Mit hohen Einkommen würde Talent aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen zu den etablierten abgezogen.