Dennis Lück hat die Wahlkampagne für den neuen deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz geführt. Gleichzeitig musste der Star-Werber ein ungewöhnliches Mandat in den Bünder Bergen auf den Weg bringen.

Wenn Olaf Scholz nun als gewählter Bundeskanzler die deutsche Politik der nächsten Legislatur prägen darf, so hat er das in nicht geringem Masse Dennis Lück (Bild unten) zu verdanken. Der Aargauer Werber hat die Kampagne für den deutschen SPD-Kanzlerkandidaten mit organisiert; Scholz, der auch von Schweizer Beobachtern wahlweise als spröde oder tragischen Figur taxiert wurde, machte überraschend das Rennen an der Spitze der neuen Ampelkoalition.

Und der vormalige Jung-von-Matt-Werber Lück darf sich nun mit dem Beiwort «Kanzlermacher» schmücken.

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(Bild: Linkedin)

Mehr sein als eine Bank

Dabei hatte der Marketing-Profi, der sich gerne mit seiner Sammlung von 40 Stromgitarren ablichten lässt, noch ein weiteres aufwändiges Mandat zu betreuen. Die Graubündner Kantonalbank (GKB) hat die Agentur Brinkert Lück nämlich verpflichtet, der Welt zu erklären, das sie «mehr ist als eine Bank». Welchen Reim sich Lück und die Bündner darauf gemacht haben, lässt sich nun von näherem betrachten; Ende November ist die Kampagne «GKB: Für die beste Zukunft aller Zeiten» (siehe Video unten) angelaufen.

Bankchef Daniel Fust und Personal-Leiter Alex Villiger sprachen mit finews.ch über das Unterfangen – und warum es ihnen dabei um mehr geht als nur um Werbung.

Sirup in die trockene Materie giessen

Darüber war man sich in Chur schon im Klaren, als man Ende 2020 die Unternehmensstrategie für die nächsten fünf Jahre festzurrte. In die trockene Materie der Unternehmensführung musste «Sirup» gegossen werden, wie es Fust ausdrückt. «Wir brauchten einen stimulierenden Boost, aber eben nicht nur eine Marketing-Kampagne, die schnell verpufft. Wie suchten den langfristigen Antrieb, der sich aus der Sinnhaftigkeit ergibt.» Und damit kam man im Bündnerland auf den «Purpose» zu sprechen – Monate, bevor Ralph Hamers diesen vergangenen April bei der UBS aufbrachte.

Seit der Niederländer die Sinnhaftigkeit ins Zentrum seiner Strategie der Schweizer Grossbank rückte, ist der Purpose am Finanzplatz in aller Munde. Und das nicht nur im positiven Sinn. Nicht wenige UBS-Angestellte sagen hinter vorgehaltener Hand, dass sie gerne einmal wieder über etwas anderes sprechen würden als eben über den Purpose.

Den englischen Begriff mag man in Chur ebenfalls nicht besonders gerne, ahnte man doch instinktiv, dass man die eigene Belegschaft damit nicht begeistern würde. Das durfte die Führung nicht riskieren, wollte die Bank wollte die eigene Belegschaft doch unbedingt als Botschafter für die neue Sinnhaftigkeit einspannen.

«Banken drohen völlig austauschbar zu werden»

Der Hintergedanke ist dabei der, wie CEO Fust ausführt: Mit der Coronakrise hat sich die Digitalisierung und damit die Entgrenzung im Banking nochmals beschleunigt. Für das Geldhaus, dessen Heimmarkt die Bergtäler Graubündens sind, droht damit die Gefahr, noch stärker an den Rand des Marktes gedrückt zu werden. Es bietet sich aber auch eine Chance: Zukünftige Kunden und Mitarbeitenden zu erreichen, die vorher ausser Reichweite waren, und zu diesen eine Bindung aufbauen. «Es geht um den Daseinszweck», erklärt Fust, «Banken drohen völlig austauschbar zu werden».

Dem lässt sich entgegenwirken, wenn es gelingt, dass der Kunden eine innere Identifikation zum Unternehmen aufbaut – eben den Sinn erkennt. Führenden Marken gelingt das heute, indem sie Werte hochhalten, welche das meist junge Publikum an sie gleichsam delegiert. Nachhaltigkeit etwa ist hier ein Schlüsselwort.

Seit wenigen Wochen verwandeln die Bündner nun den «Purpose» zu «Action», damit es nicht nur bei schönen Worten bleibt. Während Werber Lück für die Inszenierung sorgt, werden stets neue Themen in den Fokus gerückt, in denen die Bank bei der Zukunftsgestaltung dienlich sein will – Quartal für Quartal, die nächsten drei Jahre lang, wie Fust betont.

Change Agents schwärmen aus

Dabei setzt die Bank auch bei sich selber an. Der Betrieb wird auf «New Work»-Kriterien umgestellt. 50 «Change Agents» schwärmen intern aus, um das Personal mit der neuen Arbeitsweise vertraut zu machen. Gleichzeitig wird die Weiterbildung forciert. Rund 500 Banker sind vorgemerkt für einen Zertifikatslehrgang, den die GKB zusammen mit der Fachhochschule Graubünden entwickelt hat. Die Ausbildung soll mithelfen, das Personal fit für die Anforderungen der Digitalisierung zu machen.

Ab 2022 wird der Lehrgang nun auch für Aussenstehende geöffnet, etwa für Kräfte aus Bünder KMU, welche die Bank gerne zu ihren Stammkunden zählt. Auch sie dürfen jetzt für ihre «beste Zukunft» pauken.