Der Liechtensteiner Bankier Fritz Kaiser ist seit langem als Petrolhead bekannt. Jetzt will er seine Leidenschaft für Classic Cars digitalisieren. Mit dabei sind auch Mercedes-Benz Heritage, Kimi Räikkönen und Michael Ringier.

Wenn es um schnelle Autos geht, dann gibt es wohl keinen zweiten Financier mit vergleichbarer «street credibility» wie Fritz Kaiser, den Mitgründer des etwa 20 Milliarden Franken schweren Vermögensverwalters «Kaiser Partner» in Vaduz, zu dem auch die Kaiser Partner Privatbank gehört.

Zwischen 1995 und 1999 war er Teilhaber und Chairman des Sauber-Rennstalls von Peter Sauber, wo er die Partnerschaften mit Red Bull und Petronas und mit Ferrari für Motoren in die Wege leitete.

Sauber, Petronas, Red Bull, Ferrari

Bereits zuvor, in den 1980er-Jahren, war Fritz Kaiser an der Gründung der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) beteiligt. Anfangs vermarktete eine von Kaiser Firmen das Rennen.

Und seit gut 20 Jahren ist der Liechtensteiner ein ambitionierter Sammler von Classic Cars mit einem Schwerpunkt auf Rennsportwagen der 1950er- und 1960er-Jahre. 2013 gewann er gemeinsam mit seiner Frau Birgit Kaiser als Copilotin in seinem Mercedes 300 SL Roadster die Rallye von Marokko.

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Eindeutiger Sieger: Kimi Räikönnen im Simulator von Roarington. (Bild: zVg)

The Classic Car Trust

finews.ch hat den Bankier mit Benzin im Blut vergangene Woche in Stuttgart getroffen. Und zwar anlässlich des diesjährigen Forums von «The Classic Car Trust (TCCT)», einer von Kaiser gegründeten gemeinnützigen Organisation, die sich der Bewahrung des automobilen Kulturerbes verschrieben hat.

Für diesen Anlass hat Kaiser einen stimmigen Rahmen gewählt: Als Mit-Gastgeber trat das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart in Erscheinung. Dort werden mit 1'500 Exponaten (davon 160 Fahrzeugen) auf 16'000 Quadratmetern Ausstellungsfläche 140 Jahre automobiler Geschichte erlebbar. Seit der Eröffnung 2006 verzeichnet es bereits über 13 Millionen Besucher.

Von Räikönnen bis Ringier

Die Gruppe von rund vierzig Teilnehmern, die TCCT im grosszügigen Konferenzraum des Museums versammelt hat, ist prominent. Der ehemalige Formel-1-Rennfahrer Kimi Räikkönen war beispielsweise dort, ebenso wie der Präsident und Chairman des berühmten Museo Nazionale dell'Automobile in Turin, Benedetto Camerana, der japanische Künstler Hidetomo Kimura, die Direktoren von Zagato und Pininfarina, der Classic-Car-Berater Christian Philippsen aus Monaco und der Schweizer Verleger Michael Ringier.

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Marcus Breitschwerdt, Leiter von Mercedes-Benz Heritage (l) mit Fritz Kaiser. (Bild: zVg)

Ebenfalls mit von der Partie waren der Sammler Kurt Engelhorn sowie Peter Wallman, Chairman von RM Sotheby‘s EMEA und Jing Li, Managing Director Legend Holding (Overseas) aus China.

Mercedes-Benz goes Metaverse

Was sie zu hören und zu sehen bekamen, war aufsehenerregend. Die zentrale Neuheit des Tages bestand darin, dass Fritz Kaiser und Marcus Breitschwerdt, Leiter von Mercedes-Benz Heritage, wozu auch das Museum gehört, übereingekommen sind, dass das Museum im «Roarington MetaLand» eine digitale Entsprechung aufstellen wird.

Das «Roarington MetaLand» ist die Metaverse-Präsenz von Fritz Kaisers digitaler Classic Car Platform Roarington. Bis jetzt war das Unternehmen vor allem dafür bekannt, Rennsimulatoren zu entwickeln. In diesen kann man in einem klassischen Rennwagen seiner Wahl, dessen physikalische Eigenschaften und dessen Sound exakt digital repliziert wurden, über die berühmten Rennstrecken der Welt kurven.

Zagato und Pininfarina

Die formschönen Rennsimulatoren von Roarington kommen in zwei Varianten daher: einmal in einer speziell von Zagato designten Karosserie, einmal in einer solchen von Pininfarina. Der Preispunkt für einen solchen Simulator liegt bei rund 120'000 Franken.

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Roarington-Simulatoren von Zagato und Pininfarina. (Bild: zVg)

Im Mai 2023 unternahm Roarington einen weiteren Schritt in Richtung digitale Welt: Das Unternehmen nahm das «Roarington MetaLand» als videorealistisches Begegnungszentrum für Classic-Car-Freunde im Metaverse in Betrieb. Liebhaberinnen und Liebhaber klassischer Autos können sich dort schon bald mit ihren Avataren virtuell begegnen, ihre Autos ausfahren – oder eben auch demnächst das Mercedes-Benz-Museum besuchen.

«Völlig neue Dimension»

Mercedes-Heritage-Chef Breitschwerdt führte zu Beginn des Anlasses aus, dass sich sein Museum physisch nahe an den Grenzen der Besucherkapazität bewege. Eine digitale Präsenz ermögliche den Besuch auch aus der Ferne, ohne Kapazitätsengpässe. «Unser Partner Roarington hat die digitale Plattform als Ebenbild der Welt klassischer Automobile und ihrer Protagonisten entwickelt.» Dies eröffne «eine völlig neue Dimension, um Mercedes-Benz Classic zu präsentieren».

Das Metaverse und dessen Möglichkeiten entdeckte Fritz Kaiser laut eigenem Bekunden im Kontakt mit dem ETH-Computerwissenschaftler Markus Gross, der bei Walt Disney als Chief Scientist und Direktor von Disney Research amtiert.

Wissenschaftlicher Unterbau

Auch er war in Stuttgart zugegen und lieferte gewissermassen den wissenschaftlichen Unterbau für die unternehmerischen Metaverse-Ambitionen von Roarington.

Für Markus Gross ist es nur eine Frage der Zeit, bis die fortschreitende Entwicklung bei Künstlicher Intelligenz, bei der videorealistischen Abbildung von Menschen als digitale Avatare und bei digitalen Begegnungsräumen – statt von «Metaverse» spricht er lieber von «digitalen Universen» – das menschliche Leben «fundamental ändern werden».

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ETH-Professor Markus Gross am TCCT-Event in Stuttgart. (Bild: zVg)

Kommerzielle Möglichkeiten

In nicht allzu ferner Zukunft werde jedermann im Metaverse mit einem digitalen Zwilling vertreten sein. Roarington sei «das bislang überzeugendste Vertical» in diesem Bereich, das ihm begegnet sei.

An dem Anlass wurden auch die kommerziellen Möglichkeiten deutlich, welche Roarington im Blick hat: Eigentümer von Classic Cars können die physikalischen Eigenschaften ihres Autos ausmessen lassen und davon digitale Zwillinge anfertigen, die sie dann im Metaverse ausleihen oder verkaufen können. Und natürlich wird auch das Mercedes-Benz-Museum Eintritt verlangen.

Ringier als Mitinvestor

Mit dabei auf dieser Reise in die Zukunft sind auch der ehemalige Formel-1-Star Kimi Räikkönen als Markenbotschafter sowie Verleger Michael Ringier als Mitinvestor.

Räikkönen mass sich mit den Besuchern des TCCT-Forums auf den Roarington-Simulatoren. Auch geübte eSports-Enthusiasten konnten dem ehemaligen Weltmeister nicht das Wasser reichen – was ein beredtes Zeugnis davon ablegt, wie realistisch diese Simulatoren mittlerweile sind.

Wohnzimmer oder Fitnessraum?

Michael Ringier, den man mehr als Kunstsammler denn als Oldtimer-Enthusiasten kennt, sagte gegenüber finews.ch, er besitze zwar auch einen Oldtimer sowie einen Roarington-Simulator, sein Engagement bei Roarington gehe aber hauptsächlich darauf zurück, dass sein Family Office bei Kaiser Partner angesiedelt sei.

Vom Verleger wollten wir wissen, wo denn sein Roarington-Simulator stehe. Schliesslich eignet sich ein solcher durchaus als exklusives Accessoire im Wohnzimmer. «Meiner Frau wäre das zu laut», lacht der Verleger. Daher habe der Simulator mit dem Fitnessraum Vorlieb nehmen müssen.