Riesling ist die grösste Rebsorte für Weissweine und wird vor allem in Deutschland angebaut. In der Schweiz lernen zunehmend mehr Geniesser diesen Tropfen schätzen. «Wer den Zugang findet, kommt davon nicht mehr los», behauptet Weinkenner Peter Keller.
Der Riesling rockt. Die weisse Traube spielt in der Champions League – aus verschiedenen Gründen. Es gibt wohl keine andere Rebsorte, die ihre Herkunft (die unterschiedlichen Böden) so perfekt und präzise in den Wein transportieren kann. Ein Riesling von einem Schieferterroir riecht und schmeckt anders als einer von einem Granit- oder Kalkboden.
Ebenso einzigartig ist die Tatsache, dass die Varietät stilistisch sehr unterschiedlich ausgebaut werden kann. Trocken ist möglich, aber ebenso restsüss und edelsüss. Es gibt leichte Weine mit wenig Alkohol, aber ebenso kräftige, komplexe Versionen mit einem sicheren Reifepotenzial von zehn und mehr Jahren.
Als Hotspots für Riesling gilt namentlich Deutschland, wohl weltweit die Nummer 1. Österreich und das Elsass gilt es ebenso zu beachten. Die Anbauflächen machen weltweit jedoch nur gut ein Prozent aus. Die Sorte ist und bleibt ein Nischenprodukt für Liebhaber, nicht zuletzt auch darum, weil sie im Gegensatz zu anderen Varietäten überaus säurebetont ist – nicht jedermanns Geschmack.
In der Schweiz lernen indessen zunehmend mehr Geniesser den Riesling schätzen. Wer den Zugang findet, kommt davon nicht mehr los. Das sind fünf Weingüter aus den drei genannten Ländern, die – ohne Übertreibung – aufgrund ihrer akribischen Arbeit sowie der herausragenden Qualitäten zu meinen Favoriten zählen.
1. Weingut Dönnhoff, Nahe (Deutschland)
Mit diesem Betrieb aus einem kleinen Anbaugebiet begann meine Liebe zum Riesling. Der erste Schluck der Hermannshöhle bleibt unvergesslich: komplex, tiefgründig, elegant, mineralisch, aristokratisch. Die beste Weinbergslage im Portfolio von Dönnhoff mit über 60-jährigen Reben bringt langlebige Gewächse hervor. Der Wein wird als sogenannt «Grosses Gewächs GG» (entspricht einem Grand Cru im Burgund) eingestuft.
Der Verband der Deutschen Prädikatsweingüter hat eine entsprechende Lagenklassifikation erstellt. Ein GG ist immer trocken, also ohne oder kaum wahrnehmbarem Restzucker. Helmut Dönnhoff legte mit seinem unverkennbaren Stil und der Qualität die Basis für den internationalen Erfolg und das Renommee grosser deutscher Rieslinge. Heute führt sein Sohn Cornelius Dönnhoff das 28 Hektaren grosse Gut in der vierten Generation. Neben der Hermannshöhle sind auch Dellchen, Felsenberg oder der Basiswein Riesling Tonschiefer sichere Riesling-Werte.
2. Weingut Georg Breuer, Rheingau (Deutschland)
Das Traditionsgut wird heute umsichtig von Theresa Breuer geleitet. Auf den nachhaltig und naturnah kultivierten 34 Hektaren spielt der Riesling mit einem Anteil von 80 Prozent die erste Geige. Die Winzerin will Weine erzeugen, die «das Merkmal ihrer Herkunft im Gesicht tragen». Das gelingt überzeugend, wie eine Degustation zahlreicher Weine bestätigt. Der Ortswein Rüdesheim, gewachsen auf Schiefer- und Quarzitböden, ist ein perfekter Einstieg in die Kollektion von Breuer: fruchtig-mineralische Noten, trocken, straffe Säure, geradlinig, guter Nachhall.
Höherwertig ist der Terra Montosa. Wie alle Weine weist auch er eine Spannung und eine schöne Balance auf. Über grosses Potenzial verfügen die in kleinen Mengen erzeugten Lagenweine wie Berg Rottland und Berg Schlossberg. Kraft und Eleganz sind harmonisch miteinander verbunden.
3. Weingut Grans-Fassian, Mosel (Deutschland)
(Catherina Grans führt das Weingut in 13. Generation.)
Die Mosel mit ihren Steillagen ist wohl das berühmteste Anbaugebiet Deutschlands für Riesling. Damit werden oft rest- und edelsüsse Weine verbunden. Die Aussage stimmt heute nur noch teilweise, weil eine neue Generation selbstbewusster Winzer und Winzerinnen auch hochwertige trockene Gewächse produziert.
Zu diesem Kreis zählt das Weingut Grans Fassian, das in der 13. Generation von Catherina Grans geführt wird. Der Familienbetrieb, gemäss deutschen Weinführern zu den «Weltklasse-Gütern» zählend, verfügt über beste Lagen, etwa den Dhroner Hofberg mit einem tiefgründigen, rötlichen Schieferverwitterungsboden.
Das trockene Gewächs ist dank seinen Kräuter- und mineralischen Noten, seiner Eleganz, Frische und Komplexität genial. Aus der weltbekannten Lage Trittenheimer Apotheke kommen von Grans-Fassian sowohl trockene als auch filigrane Spätlesen mit Restsüsse und einem niedrigen Alkoholgehalt.
4. Weingut Nikolaihof, Wachau (Österreich)
Wer ausdrucksstarke, nachhaltig produzierte Weine mag, kommt hier voll auf die Rechnung. Der Nikolaihof war 1971 weltweit der zweite Betrieb, der auf die biodynamische Landwirtschaft nach der Lehre des Anthroposophen Rudolf Steiner setzte. Nicht aus Marketinggründen, sondern weil diese Art der Bewirtschaftung als bewusste Lebensweise verstanden wird. Auf den 22 Hektaren dominieren Riesling und die nationale Rebsorte Grüner Veltliner.
Das älteste Weingut Österreichs lässt den Weissweinen viel Zeit und interveniert im Keller so wenig wie nötig. Die besten Qualitäten lagern teilweise bis zu zehn Jahre auf der Feinhefe in grossen Holzfässern, bis sie abgefüllt werden. Allen Weinen gemeinsam ist, dass sie trocken, elegant, dicht, tiefgründig, aber nie opulent und fett wirken. Das beginnt mit den leichtfüssigen Basisweinen der Stufe Federspiel bis hin zu den komplexen und extrem langlebigen Smaragd-Beispielen. Zu meinen Lieblingsweinen zählen etwa der tänzerische Riesling Federspiel vom Stein sowie der vielschichtige Riesling Steiner Hund.
5. Domaine Zind-Humbrecht, Elsass (Frankreich)
(Olivier und Leonard Humbrecht, Winzertradition seit dem 30-jährigen Krieg)
Das Elsass ist der Garant für gehaltvolle Weissweine. Zahlreiche sind aus Riesling gekeltert. Die Stilistik unterscheidet sich von den deutschen und österreichischen Crus. Sie präsentieren sich kräftiger, oftmals auch mit spürbarem Restzucker.
An der Spitze steht die Domaine Zind-Humbrecht, einer der Pioniere in Frankreich für den biodynamischen Rebbau. Das 40 Hektaren grosse Gut besitzt verschiedene Parzellen in den besten Grand-Cru-Lagen, etwa Rangen in Thann, Brand in Turckheim oder Hengst in Wintzenheim. Sie sind stilistisch unterschiedlich, aber in jedem Fall langlebig. Die Erträge sind bescheiden, teilweise unter 30 Hektoliter pro Hektare. Aber auch die Einstiegsweine von Zind-Humbrecht bieten eine genussvolle Annäherung an die Rieslinge aus dem Elsass (TC).