Seine Auftritte sind ein Spektakel, die Bilder, die er zum Untermalen seiner Thesen dazu verwendet bunt. Sein Image dasjenige eines Rebellen. Anders die Ratschläge an seinen Arbeitgeber.

Der Auftritt von Tomas Sedlacek (Bild) am Nachhaltigkeitsforum der RobecoSAM war die ideale Aufwärmrunde für eine zweitägige Konferenz, die viel mit ökonomischen Wahrheiten zu tun hat, aber naturgemäss nichts zur Erheiterung beiträgt. Sedlacek, ein ehemaliger Berater des legendären tschechischen Präsident Vaclav Havel, ist ein geborener Entertainer, der weiss man ein Publikum in den Bann zieht.

Die Thesen des Autors von «Economics of Good and Evil» passen in die Zeit nach der ökonomischen Krise, und sind von einem Publikum, das die Auswirkungen von überzogenen Erwartungen miterlebt hat, leicht zu erfassen – auch wenn sie primär makroökomische Phänomene beschreiben und nicht die Welt der Banken.

Gegen das bedingungslose Wachstum

Sedlacek richtet sich an ein Publikum in der reichen, entwickelten Welt, also Europa, USA, Japan. Er kritisiert das Streben nach bedingungslosem Wachstum, das für ihn ausschliesslich auf Kosten der Nachwelt möglich ist. Auf staatliches Handeln bezogen bedeutet dies, dass Regierungen, welche Geld leihen, um Wachstum zu generieren, sich ins eigene Fleisch schneiden und auf Kosten der Zukunft handeln.

«Indem wir Geld leihen, nehmen wir die Energie der Zukunft weg», sagt Sedlacek. Der Kater folgt dem Suff wie das Amen in der Kirche. «Wir haben keine Krise des Kapitalimus, sondern jene des Wachstums-Kapitalismus.»

Gesundes Wirtschaften

Nur, was rät ein Volkswirt einem Finanzinstitut, das auf Gewinn ausgerichtet ist, also zum Beispiel der tschechischen CSOB, bei der Seclacek Chefökonom ist: «Meine Bank soll dafür sorgen, dass die Finanzbranche gesund bleibt,» erklärt Sedlacek in einem Gespräch mit finews.ch am Rande des Forums in Horgen. «Und eine gesunde Branche frisst ihre Konsumenten nicht auf.»

Das Bild, welches der Ökonom verwendet, um seine im Grunde simplen Botschaften zu verdeutlichen, ist, wie oft, dem Reich der in seiner tschechischen Heimat bedeutenden Bierindustrie entnommen: Eine gesunde Brauerei pflegt die Bierkultur, kümmert sich um den Konsumenten, selbst wenn dies auf Kosten des Umsatzes geschieht. Der Brauer will sicher nicht, so die Logik, dass seine Konsumenten alles Alkoholiker werden und daran sterben – und kein Bier mehr konsumieren.

Mehr als wir brauchen

Sedlacek sieht es so: Genau wie Staaten, haben auch Firmen lange Zeit bedingungsloses Wachstum angestrebt, auf Kosten anderer. Vor nicht zu langer Zeit herrschte in seiner Heimat, wie heute in vielen Ländern der Erde, Knappheit an Produkten, von Autos über Bananen bis zu Baumaterialien. Heute ist in der reichen Welt alles im Überfluss erhältlich, aber die Konsumenten brauchen nicht so viel, wie produziert wird.

Sedlacek möchte, dass auch Banken daran arbeiten, dass die Wirtschaft nachhaltig ist und nicht auf Kosten der Zukunft, sei sie ökonomischer oder ökologischer Natur, produziert. Er ist stolz darauf, dass die tschechischen Banken den Staat nie um Hilfe nachfragen mussten, weil sie eben eher geizig waren in der Vergabe von Krediten. Wenn es nach dem Ökonomen geht, soll es so bleiben.

Unabhängige Fiskalpolitik

Der Tscheche ist ein überzeugter Europäer, der auch hinter der gemeinsamen Währung steht. Sie erlaubt es den Mitgliedstaaten nicht mehr, mittels Tricks ihre Schulden loszuwerden, also mittels Devaluierung oder Inflation. Hingegen ist er überzeugt, dass die Fiskalpolitik, ähnlich wie die Geldpolitik, der politischen Führung der Länder aus den Händen genommen werden sollte.

Gleichzeitig wünscht er sich Gesetze, welche Vorgaben machen bezüglich Budgetdefizite, also beispielsweise dass Defizite nur noch in Krisenzeiten erlaubt wären.