Das Tessin ist mit 1’000 Hektaren Rebfläche ein kleines Anbaugebiet. Merlot gibt den Ton an. Doch auch andere Rebsorten vermögen zu überzeugen, wie Degustationen von finewsticino.ch-Redaktor Peter Keller vor Ort gezeigt haben.
Wer reist nicht gerne ins Tessin? Der südliche Kanton bietet ein tolles Ambiente, exzellente Küche und viel Sonnenschein – meistens. Auch edle Tropfen dürfen nicht fehlen und bereichern jeden Aufenthalt. Kürzlich besuchte ich Ascona – und einige schöne Restaurants. Immer (auch) auf der Suche nach feinen Weinen.
Im Anbaugebiet, das neben einem warmen Klima auch mit viel Niederschlägen zu kämpfen hat, spielt der Merlot die Hauptrolle. Die ursprünglich aus dem Bordeaux stammende Rebsorte nimmt fast vier Fünftel der gesamten Rebfläche von gut 1’000 Hektaren ein.
Doch weisse Trauben wie Chardonnay und Sauvignon blanc sind ebenso zu finden wie exotische Spezialitäten. Das macht den Reiz des Tessins aus. Auf meiner Erkundigungstour sind folgende Weine aufgefallen:
1. Belvedere del Castello Luigi 2002, Castello Luigi
Die Premiere dieses Merlots lässt sich mehr als sehen. Der erstmals produzierte Rotwein zeichnet sich durch ein intensives Rubinrot sowie ein offenes Bouquet von roten Beeren, Pflaumen und würzigen Noten wie Minze aus.
Im Gaumen fallen der kraftvolle Körper, die Fülle, aber auch die Eleganz und die gute Struktur auf. Die Tannine sind reif, präsent und gut eingebunden. Luigi Zanini hat Mitte der 1990er-Jahre das Gut Castello di Luigi aufgebaut. Es gleicht einem Bordeaux-Château. Belvedere ist günstiger als der viel beachtete, gleichnamige Premiumwein. (Preis: 69 Franken).
2. Balin 2021, Cantina Kopp von der Crone Visini
Der Spitzen-Merlot von Anna Barbara Kopp von der Crone und Paolo Visini ist kein Terroir- sondern ein Autorenwein. Die besten Trauben für diesen Wein stammen nämlich aus zwei Lagen in Gorla und Sementina. Der Ausbau erfolgt während 18 Monaten in neuen und gebrauchten Barriques.
Das eher schwierige Jahr 2021 brachte einen mittelschweren, gut strukturierten und ausgewogenen Wein hervor. Die Tannine sind noch präsent, die Säure ist gut integriert. In der Nase entfalten sich Noten von schwarzen Früchten, Tabak und Vanille. Balin besitzt ein gutes Reifepotenzial (Preis: 49 Franken).
3. Il Castagneto 2022, Cantina alla Maggia
Das ist ein gut gelungener Chardonnay, der auf sandig-kiesigen Böden im Delta della Maggia in Ascona wächst. Er wird während eines Jahres in Barriques ausgebaut. In der Nase lassen sich dezente Röstnoten erkennen, aber auch weisse Früchte und Pfeffer-Anklänge.
Im Gaumen ist der Weisswein trocken, mittelschwer, elegant, gut strukturiert und relativ langanhaltend. Ein exzellenter Speisenbegleiter. Cantina alle Maggia, früher Terreni alla Maggia, gehört zur Gruppe des Living Circle, dem auch Spitzenhotels wie etwa das benachbarte Castello del Sole angehören (Preis: 31 Franken).
4. Albaluce 2022, Weingut Zündel
Dieser Weisswein ist eine absolute Rarität. Wohl nirgends in der Schweiz wird die ursprünglich aus dem Piemont stammende Sorte Erbaluce angepflanzt. Ausser im Tessin bei Myra Zündel, die jetzt den Familienbetrieb führt. Sie glaubt indessen, damit interessante Resultate erzielen zu können. Sie sind wahrlich vielsprechend.
Albaluce zeigt sich mit einem vielschichtigen Bouquet von Zitrus-Noten sowie mineralischen Anklängen (Kreide). Eigenschaften im Gaumen: trocken, leichtfüssig, straff, frisch, mittelgewichtig, leicht salzig geprägter Nachhall (Preis: 36 Franken).